„ES“ ist Zeit für einen besonderen Horrorfilm in den Kinos
- geschrieben von Thomas Heuer
- Publiziert in Film
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Zwischen Erwachsenwerden und übernatürlicher Bedrohung, besinnt sich ES auf einen klassischen Einsatz des Schrecklichens und überzeugt dabei auf ganzer Linie.
Rezension
Es ist der Sommer des Jahres 1989. In der Schule sind sie Außenseiter, in ihrer Freizeit sind sie Freunde. Sechs dreizehnjährige Schüler und eine dreizehnjährige Schülerin bilden zusammen den „Club der Verlierer“, in dem nur diejenigen Mitglieder sind, die von Rowdys drangsaliert werden und auch ansonsten kein allzu glückliches Leben genießen dürfen. Die Probleme zwischen den Eltern und ihren Kindern steht in dieser Verfilmung des bekannten Stoffes deutlich mehr im Fokus und geben der Erzählung mehr Tiefe, als es in den Fernsehfilmen von 1990 der Fall ist. Neben diesem Konflikt des Erwachsenwerdens setzt den sieben Figuren eine übernatürliche Bedrohung nach, der böse Clown Pennywise (Bill Skarsgård).
Bill Denbrough (Jaeden Lieberher) ist sowas wie der Anführer der Gruppe, zumindest hat er sich zum Ziel gesetzt, Pennywise zu finden und zu vernichten. Bills Bruder Georgie (Jackson Robert Scott) wurde im vorherigen Herbst für vermisst erklärt, die Zuschauer wissen jedoch, dass der kleine Junge von Pennywise in die Kanalisation gezogen wurde. Bill will nicht weiterhin in Ungewissheit leben und vermutet, dass Georgie irgendwo ins Kanalisationssystem gezogen worden sein muss. Gemeinsam mit seinen Freunden stellt er sich gegen die Angst. Doch Pennywise hat mehr Tricks auf Lager, als die Jugendlichen vermuten.
Das, was ES im Jahr 2017 ist, also der Film, den Andy Muschietti auf uns loslässt, wird zurzeit nicht grundlos als einer der besten Horrorfilme aller Zeiten gehandelt. Nun muss man mit solchen Aussprüchen vorsichtig sein, denn wer kann schon behaupten alles zu kennen, das es gibt, oder gar, was noch kommen wird. Aber ES ist schon ein sehr gut gelungener Horrorfilm. Im Sinne einer klassischen Horrordramaturgie wird ein übernatürlicher Schrecken verwendet, damit die Figuren innerhalb der Erzählung einen weltlichen Konflikt überwinden können. So auch hier, wo beispielsweise Bill den Verlust seines Bruders verarbeiten muss, damit sein Leben weitergehen kann. Ein exzellenter Cast, großartige Effekte und viel Raum für Figurenentwicklung, machen ES zu einem Film, der geschickt Coming-of-Age, Abenteuerfilm und phantastischen Schrecken verschmilzt. Abgerundet wird der Film von einer Prise Humor. Das Ergebnis ist ein Werk, das die Zuschauer auf eine Reise mitnimmt, bei der die mehr als zwei Stunden Laufzeit wie im Flug vergehen.
Mancher mag sagen „ES ist doch nur die Goonies mit Blut“ oder „kennt man alles schon“, aber das sind Plattitüden, die dem Werk nicht gerecht werden. Denn solche Einschätzungen greifen recht kurz. Tatsächlich ist es so, dass es sich um eine Verfilmung eines sehr erfolgreichen Romans handelt, der bereits als Horrorklassiker verfilmt wurde. In der Folge ist das Grundgerüst von Konflikt und Dramaturgie bekannt, doch die Art der Umsetzung ist hierbei wesentlich. Die aufkeimende Freundschaft der Figuren wird thematisiert, gar auf die Probe gestellt. In der Folge konzentriert der Film sich allerdings primär auf weniger Figuren, besondere Bedeutung hat hierbei die Konstellation von Bill, Beverly (Sophia Lillis) und Ben (Jeremy Ray Taylor), bei der eine erste Liebe thematisiert wird, die nicht für alle erfolgreich verlaufen kann. Ferner ist die Inszenierung durchweg düsterer als in der Fernsehfassung, besonders Pennywise erscheint noch übernatürlicher, grauenvoller und monströser. Die Clownsfigur erscheint dadurch zuweilen wie ein Kostüm, das etwas weitaus Grauenvolleres verbirgt. ES – Kapitel 1 erzählt eine abgeschlossene Geschichte, die – trotz einer Fortsetzung – auf einen starken Cliffhanger am Ende verzichtet. Die Qualität des Films ist jedoch derart hoch, dass dieser mutige Schritt belohnt werden wird.
Es ist mal wieder so weit, ein Film bekommt das Schlagwort „beste Horrorfilme“ bei uns verliehen. Wer dies bereits angeklickt hat, wird feststellen, dass dies nicht oft vergeben wird und nur für ganz besondere Werke. Hier ist es die klassische Nutzung des Schrecklichen, was in einer hervorragenden Weise mit der Charakterentwicklung verwoben wird und dadurch einen empathischen Schrecken erschafft, die dieses Urteil begründet. Dieser Film hat das Potential, das Horrorgenre aus seinem gesellschaftlichen „Schmuddeldasein“ herauszuholen, indem ES auch für ein breites Publikum hervorragend präsentiert, was dieses Genre zu bieten hat.
Trailer IT
Infokasten
„ES“ (OT: „IT”)
Regie: Andy Muschietti
Drehbuch: Chase Palmer, Cary Fukunaga, Gary Dauberman, Stephen King (Buchvorlage)
Laufzeit: 135 Minuten
Produzent: Seth Grahame-Smith, David Katzenberg, Roy Lee
Verleih: Warner Bros. Entertainment / New Line Cinema
USA 2017
Ab dem 27.09.2017 im Kino.
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Thomas Heuer
Dr. phil. Medienwissenschaft
Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer
Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie
Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik