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Musik-Allerei

3. Schocktober: „The Puppet Master“ von King Diamond (2003)

"The Puppet Master" Picture LP, Seite A Massacre records, mellowdramatix "The Puppet Master" Picture LP, Seite A

Das atmosphärische Konzeptalbum ist angesiedelt im Ungarn des 18. Jahrhunderts und bietet eine düstere Horrorgeschichte, eingebettet in stimmungsvolle Musik.

Rezension

Ein junger Mann besucht an Weihnachten in Budapest die Vorführung eines Puppentheaters. Bereits zuvor wird durch das einleitende Stück „Midnight“ angedeutet, das vor einigen Jahren etwas Schreckliches geschehen sein muss. Es beschreibt erneut einen Winterabend in Budapest, der tragische Erinnerungen auslöst. In der Folge erzählt King Diamond[1] eine tragische Geschichte, mit gnadenlosen Antagonisten, Magie, phantastischem Horror und einer besonders perversen Form des Body-Horrors. Hierbei schwingt – auch durch die gewählte Einleitung – wenig Hoffnung mit.

Der Song „The Puppet Master“ erzählt von King Diamonds Besuch in einem ausverkauften Puppentheater, bei dem die Puppen nahezu so groß sind wie echte Menschen. Die Puppen hängen an silbernen Fäden und wirken irgendwie ungesund. Bereits zuvor stellt sich bei King ein merkwürdiges Gefühl ein, doch dieses wird durch den Auftritt des Little Drummer Boy nochmals verstärkt. King bemerkt, dass diese Puppe eine Schnittverletzung auf der Hand hat, dort, wo der Faden befestigt ist, und das dort Blut zu sehen ist. Spätestens jetzt ist King überzeugt, dass hier etwas Übernatürliches am Werk ist. Während alle anderen nach der Show schnell nach Hause gehen wollen, begegnet King der jungen Frau Victoria. Die beiden verlieben sich in der Magie des Augenblicks („Magic“). Doch dann verliert King seine Liebe im Nebel der Straßen im nächtlichen Budapest. Auf der Suche nach ihr trifft er auf die Frau des Puppenspielers, die mit einem Messer und einem Karren durch die Straßen zieht, um nach neuem Material für Puppen zu suchen. King beschließt ihr zu folgen und wird Zeuge von etwas Schrecklichem, das jedoch erst den Beginn jener Schrecken markiert, die noch folgen werden.

Das Album besitzt eine Laufzeit von etwa einer Stunde und ist musikalisch im Bereich von progressivem, düsteren Metal anzusiedeln. Hier wird die Musik komplett auf die Stimmung der Erzählung abgestimmt. Das macht King Diamond zwar auf nahezu jedem Album, doch selten gelingt es so gut wie auf The Puppet Master. Zudem wird eine besonders tragische Liebesgeschichte erzählt, ohne dabei schmalzig oder kitschig zu werden. Wenngleich das große Leid des Erzählers andeutet, wie sehr sein Schicksal mit den Geschehnissen des Weihnachtsabends in Budapest verbunden ist, wird das Werk niemals in der Form pathetisch, dass es dabei aufgesetzt wirkt.

Musikalisch, narrativ und in der Kombination dramaturgisch ist The Puppet Master ein Meisterwerk musikalischen Horrors. In der ersten Auflage erschien das Album zusätzlich mit einer DVD, auf der King Diamond die Geschichte des Albums erzählt. Auch dieser sprachliche Vermittlungsansatz der Geschichte von The Puppet Master weiß zu überzeugen. Das Album ist in den bekannten Streamingdiensten verfügbar, zudem auf CD und Vinyl. Die Edition mit dem Video ist rar geworden, das Video selbst findet sich aber bei youtube, hochgeladen von einem Fan und somit ist unklar, wie lange es noch dort sein wird. Wir haben es unter diesem Text verlinkt.

Endnoten

[1] Fast alle Alben von King Diamond erzählen eine in sich geschlossene Horrorgeschichte, bei der er selbst gelegentlich die Rolle des Erzählers einnimmt, so beispielsweise auf den Alben Them, House of God oder eben auch The Puppet Master.

King Diamond erzählt die Geschichte von The Puppet Master

Infokasten

„The Puppet Master“

Künstler: King Diamond

Texte: King Diamond

Musik: King Diamond, Andy LaRocque, Matt Thompson

Produktion: King Diamond

Verlag: Massacre Records

USA, DK | 2003

Erstveröffentlichung: 21.10.2003

Veröffentlichung: Das Album ist im Handel erhältlich und in diversen Streaming-Diensten verfügbar.

Bildrechte: Die Bilder dieses Artikels sind Ausschnitte aus dem besprochenen Medieninhalt. Deren Rechteinhaber können Sie dieser Infobox entnehmen.

Letzte Änderung amDonnerstag, 03 Oktober 2019 23:26
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

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„Der Tausendsakerment! / Schlagt ihn tot, den Hund! Es ist ein Rezensent!“

– Johann Wolfgang von Goethe in einem 1774 zunächst anonym veröffentlichten Gedicht, das dem Schriftsteller als provokante Antwort auf eine Rezension über seinen Drama Götz von Berlichingen (1773) diente.

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