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Film

„Ruben Brandt, Collector“: Ein Festival der Kunst

Empfehlung Filmausschnitt (Ausschnitt) Ruben Brandt, Indeed Films Filmausschnitt (Ausschnitt)

Der ungarische Animationsfilm Ruben Brandt, Collector ist eine wilde, bunte und beeindruckende Reise durch die Welt der malerischen Kunst und selbst ein Kunstwerk.

Rezension

Es ist die schlechteste Spielzeit auf dem gesamten Festival: der erste Film am letzten Tag. Verstärkt wird dieser Effekt durch den Umstand, dass später am Tag noch Dragged Across Concrete seine Deutschlandpremiere feiern wird, der eine Laufzeit von fast 160 Minuten besitzt. Daher war der Kinosaal bei der Deutschlandpremiere von Ruben Brandt, Collector nur sehr wenig gefüllt. Anwesende bekamen dafür aber eine expressionistische Reise in einer extravagant gestalteten Ausdeutung unserer Wirklichkeit geboten, in der alles etwas anders erscheint.

RBC 2Ruben Brandt (Iván Kamarás) ist der beste Psychologe auf dem Gebiet der Kunsttherapie. Seine Methoden wirken unorthodox, doch die Resultate sind überwältigend. Ruben hilft seinen Patienten, indem diese durch ihre Kunst ausdrücken, was sie belastet und es dann zu einem Teil von sich machen und als solchen akzeptieren. Doch er selbst scheint kurz davor zu stehen, sich zu verlieren. Seit dem Tod seines Vaters wird Ruben selbst von Albträumen geplagt, in denen er von insgesamt 13 der bedeutendsten Gemälde der Welt heimgesucht wird. Diese manifestieren sich in einer pervertierten Form und die Figuren darin machen Jagd auf den Psychologen.

Das beginnt sich zu ändern, als die professionelle Diebin Mimi (Gabriella Hámori) die Dienste von Ruben Brandt in Anspruch nimmt. Sie leidet seit kurzem an einer kleptomanischen Störung, die ihr bei der eigentlichen Arbeit im Weg steht. Zu Beginn der Therapie stibitzt Mimi das Diktiergerät von Ruben, auf dem er seine psychischen Störungen thematisiert. Frei nach der Behandlungsmethode beschließen Mimi und die anderen Patienten – allesamt Soziopathen – eines der Gemälde für Ruben zu stehlen, damit er sein Trauma überwinden kann.

RBC 3

Was das Trauma ausgelöst hat, wie die Geschichte sich entwickelt und welche anderen Figuren darin eine tragende Rolle einnehmen, soll hier nicht verraten werden. Die Geschichte ist sehr ambivalent gestaltet und funktioniert sowohl aufgrund der vielen liebenswerten Figuren, die sich im Umfeld von Ruben und Mimi befinden, als auch aufgrund der Antagonisten. Alle Charaktere sind vielschichtiger, als es zunächst erwartet werden könnte, denn Aufgrund ihrer Erscheinungen wirken sie zunächst stereotyp. Durch die Art der Inszenierung bietet dieser Film allerdings noch einiges mehr. Ruben Brandt, Collector fühlt sich wie das Eintauchen in ein expressionistisches Kunstwerk an.

Voller Referenzen, Anspielungen und populärkulturellen Einflüssen entsteht hier ein wahrer Kunstrausch, der anspruchsvoll sein kann, wenn man sich darauf einlässt. Folgt man lediglich der Geschichte und ihren Charakteren, dann ist der Film gut, doch besitzt man eine Offenheit gegenüber oder gar Kenntnis von Kunst, dann wird dieser Film zu etwas Einzigartigem, zu einer Erfahrung – in seiner Art ist Ruben Brandt, Collektor ein perfektes Werk, in dem alles stimmt, harmoniert und korreliert. Oder kurz gesagt: einer der besten Filme, die ich je sehen durfte.

Trailer zu Ruben Brandt, Collector

Infokasten

„Ruben Brandt, Collector“ (OT: „Ruben Brandt, A Gyüjtö”)

Regie: Milorad Krstic

Drehbuch: Milorad Krstic und Radmila Roczkov

Produktion: Milorad Krstic, Janos Kurdy-Feher, Péter Miskolczi

Verleih: Indeed Films

Laufzeit: 96 Minuten (uncut)

Ungarn | 2018

Veröffentlichung: Kinostart im Sommer 2019.

Bildrechte: Die Bilder dieses Artikels sind Ausschnitte aus dem besprochenen Medieninhalt. Deren Rechteinhaber können Sie dieser Infobox entnehmen.

Letzte Änderung amDienstag, 23 April 2019 10:52
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

Unter anderem auch das . . .

"Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt"

aus Hermann Hesses

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