FSK jetzt auch online – ein Kommentar
- geschrieben von André Vollmer
- Publiziert in Metablog
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Die Zuständigkeit der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) wurde auf das Internet ausgeweitet. Die neue Abteilung FSK.online soll jetzt auch Webseitenbetreiber beraten und Filme im Netz einstufen. Filme ab 18 Jahren sollen dann nicht vor 23 Uhr auf der Webseite zu sehen sein (Quelle: Zeit online).
Beraten klingt erstmal gut. Aber ein Verbot von Filmen (und allen übrigen Inhalten, egal ob Bild oder Text) ab 18 Jahren bis in den späten Abend hinein lässt sich als Einschränkung der Informationsfreiheit verstehen, wenn man diese auch für Kunst geltend machen will. Bisher, scheint mir, hält sich fast niemand an die Regeln des JMStV. Bei einschlägigen Kinoportalen kann ich mir ohne Probleme Trailer von nicht jugendfreien Filmen ansehen, und zwar vor 23 Uhr. Das Internet als Medium würde hinsichtlich der 18er-Inhalte um eine wesentliche Eigenschaft beschnitten, wenn sich plötzlich mehr Anbieter an den JMStV hielten: der ständigen Verfügbarkeit der Inhalte. „Sendezeiten fürs Internet? So funktioniert ein weltweites, digitales 24-Stunden-Medium einfach nicht“, schrieb 2010 auch Spiegel Online.
Ich halte Jugendschutz für wichtig und eine Alterseinstufung von Medien für sehr sinnvoll, keine Frage. Von 'Selbstkontrolle' und 'freiwillig' kann allerdings nicht mehr die Rede sein, wenn im Namen des Jugendschutzes die gesamte volljährige Bundesbevölkerung bevormundet werden soll. 'Sendezeiten' ab 23 Uhr kommen zumindest unter der Woche einem grundsätzlichen Verbot schon sehr nahe. Auch mein Bloggerkollege Thomas Heuer hat sich kürzlich ernsthaft gefragt, weshalb ein Film mit Alterseinstufung „ab 18 Jahren“ trotzdem noch geschnitten sein muss, warum also auch hier eindeutig Erwachsene in ihrem Medienkonsum beeinflusst werden.
Bewirkt wird aus meiner Sicht keineswegs, dass Jugendliche nicht auf die Inhalte zugreifen, denn auch sie können bis 23 Uhr wachbleiben und es sei es nur via Smartphone im Bett. Und das gilt dann auch nur für deutsche Webseiten, während internationale Seiten ihre Inhalte problemlos den gesamten Tag über anbieten. Unnötig zu sagen, dass das weitaus mehr sind als hier in Deutschland. Das scheint mir unfair gegenüber deutschen Webseitenbetreibern. Es ist natürlich leichter, eine Menge Internetseiten zu kriminalisieren und dann auf die vielen Verstöße hinzuweisen. Man habe ja etwas getan.
Aber wie steht es mit Bloggern? Auch sie müssten gemäß des Jugendmedien-Staatsvertrages entweder nicht jugendfreie Inhalte durch technische Mittel unzugänglich machen oder aber die Inhalte in einer Zeit anbieten, in der Jugendliche oder Kinder üblicherweise nicht im Internet sind (bzw. sein sollten). Gewisse Beiträge müssten also z. B. mit einer Altersabfrage versehen werden oder dürften nur in einem bestimmten Zeitraum sichtbar sein. Solche Einstellungen geben Blogger-Portale gar nicht her und dürften auch für nicht geschäftsmäßige Webseitenbetreiber ein Problem darstellen, die ein Content Management System verwenden, also selbst wenig von Webseiten-Programmierung verstehen. Nicht immer gibt es eine passende „Open Source“-Lösung innerhalb der Community. Von Tweets will ich gar nicht erst anfangen.
Betroffen ist schon der Blogger, der einen Trailer oder ein Filmplakat (!) von einem Kinofilm verlinkt, der nicht jugendfrei ist. Also was tun? Sobald man nicht jugendfreie Inhalte anbietet, müssen diese wie oben beschrieben unzugänglich gemacht werden. Man hat außerdem die Möglichkeit, seine Inhalte selbst einzustufen. Vergreift man sich allerdings im Alter, dann gibt es eine Ordnungswidrigkeit (wie auch bei allen übrigen Verstößen), die mit bis zu 500.000 Euro geahndet werden kann. Auf dieses Bußgeld weist die FSK in ihren Broschüren hin – neben verschiedenen Services ihrerseits, die den verunsicherten Webseitenbetreiber davor bewahren können. Natürlich kostenpflichtig.
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André Vollmer
Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.