Warnung: „Mother!“ kann Spuren von Phantastik enthalten
- geschrieben von Thomas Heuer
- Publiziert in Film
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Darren Aronofsky hat nach seinen Ausflügen ins populäre Kino nun den Weg zurück zum extremen Film gefunden, der durch die Starbesetzung zu Irritationen führt.
Rezension
The Fountain, The Wrestler, Black Swan und Noah waren die letzten Regiearbeiten von Darren Aronofsky. Diese Filme sind – anders als Werke wie Pi oder Requiem for a Dream – durchaus massenkompatibel, wenngleich einige dieser Filme Thematiken behandeln, die im Mainstream eigentlich keine Chance haben dürften. Besonders deutlich wird dies bei Black Swan, in dem die instabile Psyche einer Ballerina thematisiert wird. Aronofskys Werke werden häufig für Oscars nominiert und gewinnen auch mit Regelmäßigkeit in einigen Kategorien des bedeutenden Filmpreises. Mother! ist ein Film, der im Mainstream kaum eine Chance hat, aufgrund von Aronofskys Erfolg einerseits und andererseits durch die bekannten Hauptdarsteller Jennifer Lawrence und Javier Bardem dennoch dort platziert wird. Ein internationaler Kinostart und sehr ambivalente Reaktionen sind die Folge. Die einen bewundern das Werk und erkennen darin etwas, die anderen steigen irgendwann aus. Die Hälfte der Kinobesucher hat während der Vorstellung den Saal verlassen.
Die Geschichte des Films ist zwar vorhanden, jedoch werden die Zuschauer wenig geleitet. Es gibt eine Rahmung, deren Hintergrund nicht in Gänze offenbart wird. Viele Momente des Phantastischen werden in die filmische Wirklichkeit eingestreut, bis das Gezeigte gänzlich aus einem wirklichkeitsnahen Rahmen gerissen wird. Der Film handelt von einer jungen Frau (Jennifer Lawrence) und ihrem Ehemann (Javier Bardem). Die beiden leben gemeinsam in einem riesigen Haus, das die Frau stückweise renoviert, während der Mann versucht, seine Schaffenskrise zu überwinden. Er ist Autor, ein Poet und ein Künstler durch und durch. Seine Frau opfert alles für ihn, was auch deutlich wird, als er Fremden Zugang zum Haus gewährt. Plötzlich leben in dem Haus nicht mehr nur die beiden, sondern auch ein Arzt (Ed Harris) und seine Frau (Michelle Pfeiffer). Das gefällt dem Autor, seiner Frau jedoch überhaupt nicht. Zusehends spitzt sich die Lage zu, bis eine Eskalation droht.
Diese besondere Form von Home-Invasion macht viel von dem Reiz aus, den Mother! seinen Zuschauern anbietet. Die Schrecken des Szenarios liegen jedoch tiefer verwurzelt und werden erst durch diese externe Belastungsprobe für das ungleiche Paar deutlich. Je weiter der Film voranschreitet, desto heftiger wird auch das Gezeigte. In der letzten halben Stunde wandelt sich das Werk gar in einen phantastischen Rausch, der viele unterschiedliche Themen in kürzester Zeit abhandelt. Dies wirkt jedoch weder albern noch plump, denn Mother! ist an diesem Punkt bereits derart aus der Wirklichkeit entrückt, dass alles geschehen kann. In der Folge gibt es auch einige wahrhaft grausame Sequenzen, die einem die Fassung rauben.
Mother! ist ein Film, über den man vortrefflich streiten kann. Der Spielraum für Interpretationen ist immens, was manchen Zuschauer mit einem großen Fragezeichen im Gesicht zurücklassen könnte. Das Werk ist komplett durchkomponiert, liefert herausragende Darsteller und ein sehr ungewöhnliches Konzept. Dieser Film ist Kunst, extreme Filmkunst, um genau zu sein, die einen zwingt, sich dem Film hinzugeben und zugleich darüber zu reflektieren.
Trailer Mother!
Infokasten
„Mother!“
Regie: Darren Aronofsky
Drehbuch: Darren Aronofsky
Produktion: Protozoa Pictures
Verleih: Paramount Pictures
Laufzeit: 121 Minuten (uncut)
USA | 2017
Ab 24.09.2017 im Kino.
Voraussichtlich ab dem 01.03.2018 im Handel erhältlich.
- Phantastik
- Darren Aronofsky
- Jennifer Lawrence
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- Ed Harris
- Phantastik als Metapher
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- Macht und Ohnmacht
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Thomas Heuer
Dr. phil. Medienwissenschaft
Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer
Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie
Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik