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Gaming

20. Schocktober: „Lollipop Chainsaw“ (2012)

Empfehlung Werbematerial (Ausschnitt) Grasshoper Manufacture Werbematerial (Ausschnitt)

Ist das knallbunte Lollipop Chainsaw gedankenloses Gemetzel? Das wohl nicht, aber schon Knallbunter-Zombieschlacht-Irrsinn von Suda51 und James Gunn.

Rezension

LC 5Knallbunter-Zombieschlacht-Irrsinn, das beschreibt Lollipop Chainsaw in wenigen Worten. Vom US-Regisseur James Gunn geschrieben, dem Japaner Ikeda Tomo inszeniert und produziert von Gamedesigner Suda51 (Goichi Suda), ist 2012 mit Lollipop Chainsaw ein sehr interessantes, bemerkenswertes und allem voran absurd-lustiges Videospiel veröffentlicht worden. Dieses bedient sich diverser Horrorklischees und mixt sie mit einem optisch einzigartigen Stil. Die Geschichte beginnt am 18. Geburtstag von Cheerleader Juliet Starling (Tara Strong). Weil sie sich zunächst dem Spielenden vorstellt, macht Juliet sich an diesem Tag zu spät auf den Weg zur Schule. Das empfindet sie als deutlich schlimmer als den Umstand, dass Zombiehorden auf den Straßen wandeln. Schließlich will sie ihren über alles geliebten Freund Nick (Michael Rosenbaum) nicht warten lassen.

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LC 6Dieser Anfang deutet bereits an, dass die Inszenierung von Lollipop Chainsaw ziemlich abgedreht daherkommt.  Der beste Weg, sich dieser auszusetzen, ist Lollipop Chainsaw selbst zu spielen. Nach wenigen Sekunden im Spiel wird offenbar, dass Juliet professionell mit der Zombieinvasion umzugehen weiß. Sie überfährt einfach mit ihrem Fahrrad die ersten Zombies und zückt anschließend ihre Kettensäge. Das Blatt der Säge ist dabei speziell angefertigt und wird von Herzchen verziert. Schnell schmeißt sich die durchtrainierte junge Dame in ihrem knappen Cheerleader-Outfit in die Zombiehorde. Dabei hat man die Möglichkeit, verschiedene Angriffsoptionen zu kombinieren. Was zunächst wirkt wie wildes Drücken auf den Tasten des Controllers, wird nach einigen Spielminuten mit Tutorialcharakter zu einem geschickten Combospiel, welches sogar ein wenig Taktik voraussetzt. Auf diese Weise kann man geschickt die gefräßigen Massen von Zombies auseinanderreißen und in kleinen Gruppen bekämpfen. Speziell der im Mittelpunkt des Spieles stehende Kampf mit Pompons und Kettensäge weiß zu gefallen. Im Chop2Shop kann man innerhalb des Spieles neue Combos, Outfits und Gegenstände kaufen. Der Name dieses Ladens deutet bereits den durchaus gekonnt inszenierten Humor im Spiel an, obwohl dieser gelegentlich plump dargeboten wird.

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Lollipop Chainsaw weiß trotz des Zobiemetzelns abwechslungsreich zu bleiben. Durch witzige Dialoge zwischen Juliet und Nicks Kopf, den Sie ab einem bestimmten Spielzeitpunkt am Gürtel trägt, werden die Szenen zusätzlich aufgelockert. Denn Nick kennt den Hintergrund von Juliets Familie bisher nicht und ist durchaus redselig, nachdem er erfahren hat, dass seine Freundin eine ausgebildete Zombiejägerin ist. Langeweile kommt in Lollopop Chainsaw zu keinem Zeitpunkt auf. Man könnte meinen, dass Abschlachten von Zombies würde irgendwann monoton sein, durch diverse abwechslungsreiche Gegner und Minispiele, wie Zombie-Basketball oder -Baseball, bleibt es aber immer unterhaltsam und anspruchsvoll.

LC 3Lollipop Chainsaw ist mit Klischees überladen, was nicht verwundert. Muss ein Spiel mit einer sexy Protagonistin doch immer gegen Vorurteile ankämpfen, wird dieser Zustand bei Lollipop Chainsaw geschickt genutzt und selbstreflexiv als Element der Inszenierung verwendet. So wird beispielsweise im Spiel darauf hingewiesen, dass man die steuerbare 3rd-Person-Kamera nicht missbrauchen soll, um unter Juliets Rock zu blicken. Versucht man dies dennoch, blickt Juliet böse in die Kamera und hält ihre Hand vor das Sichtfeld. Derartige Brüche mit der „vierten Wand“, also eine Offenbarmachung der Fiktionalität durch die Figuren innerhalb des Werkes, richten sich hier direkt an die Spielenden, was eine ähnliche, aber wesentlich dosiertere, Form des Humors ist, der so viele seit Deadpool begeistert. Bei Lollipop Chainsaw wird diese Art von Humor auch in der Spielmechanik rückgekoppelt, beispielsweise muss man es schaffen Juliet unter den Rock zu blicken, wenn man alle Trophäen im Spiel erhalten möchte.

Kurz zu dem Gesichtspunkt, dass Lollipop Chainsaw in Deutschland ungekürzt erschienen ist: Damit war nicht zu rechnen, denn sowohl durch optische Gewaltdarstellung wie auch durch einige sehr kräftige verbale Ausdrücke der Charaktere hat das Spiel durchaus Punkte, an denen man die Schere hätte anlegen können. Umso verwunderlicher ist die Freigabe ab 16 Jahren, die aber vollkommen in Ordnung geht, denn die zerfetzten Zombies hinterlassen oftmals Glitzer und Herzchen, sodass hier die Gewalt selbst ebenfalls parodiert wird.

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Es macht einfach nur Spaß, Lollipop Chainsaw zu spielen. Man merkt dem Spiel die japanische Inszenierung an. Die Geschichte von James Gunn ist zwar eher dünn, dafür aber witzig, weil diese so wunderbar absurd ist. Mit vielen kleinen Details versehen, hebt Lollipop Chainsaw das Genre des Zombie-Videospiels auf eine absurde Ebene. Lollis heilen Juliets Lebenspunkte, im Chop2Shop läuft immer das 1958 erschienene Lied „Lollipop“ und die Arten, in denen die Protagonistin durch die Zombiehorden hopst und dabei vernichtend austeilt; all solche Dinge machen das Spiel zu einem besonderen Trip, der mit ca. 7 Stunden Spielzeit nicht allzu lang ist. Das ist aber auch gut so, denn dieses Spiel kann man immer wieder spielen.

Wer auf absurd komische Medieninhalte steht, der sollte bei Lollipop Chainsaw zugreifen. Erschienen für die PlayStation 3 und die Xbox 360 ist Lollipop Chainsaw ein Spiel weit ab vom Mainstream, das beim Spielen viel Freude bereitet. Zumindest habe ich sehr viel Spaß beim Spielen gehabt und werde das vermutlich noch häufiger haben. Also, Hirn auf Entspannung, Konsole einschalten, Kettensäge anreißen und Spaß haben!

Trailer zu Lollipop Chainsaw

Infokasten

„Lollipop Chainsaw“

Spieldesign: Suda51

Autor: James Gunn

Studio: Grasshopper Manufacture

Publisher: Warner Bros. Interactive Entertainment, Kadokawa Shoten

Engine: Unreal 3

Plattform: Xbox 360, PlayStation 3

Erstveröffentlichung: 12.06.2012, Japan

Japan | 2012

Veröffentlichung: Das Spiel ist gebraucht im Handel erhältlich für Xbox 360 und PlayStation 3 oder als digitaler Download im Xbox Store oder PlayStation Network.

Bildrechte: Die Bilder dieses Artikels sind Ausschnitte aus dem besprochenen Medieninhalt. Deren Rechteinhaber können Sie dieser Infobox entnehmen.

Letzte Änderung amSonntag, 20 Oktober 2019 21:57
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

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„Der Verstand ist oft die Quelle der Barbarei; ein Übermaß an Verstand ist es immer.“

– Giacomo Leopardi

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