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Serie

5. Schocktober: „Scott Tenorman must die!“ - South Park (2001)

Filmstill (Ausschnitt) South Park Filmstill (Ausschnitt)

Die erste Episode der 5. „South Park“-Staffel gehört zu dem bis dahin krassesten, was es in einer animierten Serie gegeben hat: Grenzüberschreitende Rache.

Rezension und Einordnung

Tenorman 4Alles beginnt damit, dass Eric Cartman mit seinen ersten Schamhaaren angeben will. Allerdings sind ihm diese nicht selbst gewachsen, er ist eben noch ein kleiner Junge. Als Cartman seinen Freunden davon erzählt, will er prahlen. Er ahnt nicht, dass Schambehaarung Teil der natürlichen Entwicklung eines Menschen ist und will damit protzen, dass er bereits erwachsen ist. Abgesehen vom Gegenstand der Diskussion präsentiert der Anfang dieser Episode von South Park typisch kindliches Verhalten. Kyle weiß nicht einmal was Schamhaare sind, Kenny glaubt ihm nicht und Stan bringt es auf den Punkt: „er hat die ersten Sackhaare“. Keiner der drei glaubt Cartman, bis er die Haare aus der Hosentasche zieht.

Hier nimmt das Schicksal seinen Lauf, in einem bösen Spiel, das der Achtklässler Scott Tenorman mit Cartman spielt. Die Schamhaare, auf die Cartman so stolz ist, stammen nämlich von Scott, der Eric dafür 10 Dollar abgenommen hat. Als Cartman erkennt, dass Scott ihn hereingelegt hat, versucht er sein Geld zurück zu bekommen. Damit scheitert Cartman allerding kläglich und wird noch mehrfach von Scott böse aufs Kreuz gelegt. Schließlich schwört Cartman sich an Scott zu rächen. Was zuvor fieses Aufziehen eines Kindes durch ein älteres Kind war, bekommt plötzlich eine ganz neue Dimension. Cartman legt zunehmend seine kindliche Naivität ab und entwickelt einen Plan. Dieser könnte der Plot eines extremen Horrorfilms sein und genau aus diesem Grund wird die Episode Scott Tenorman must die! (Scott Tenorman muss sterben) im Schocktober diskutiert.

Tenorman 3

Tenorman 2Cartman sammelt Informationen über seinen Feind und überlegt sich, wie er ihn demütigen kann. Doch auch in den ersten Versuchen der Rache scheint Scott Cartman immer einen Schritt voraus zu sein. Die Situation kippt, als Cartman von Scott vor der Stadt zum Gespött gemacht wird. Nun ist Cartman derart von Hass getrieben, dass der Soziopath in der Figur vollkommen durchkommt. Diese Episode ist richtungsweisend für die spätere Entwicklung des Charakters Eric Cartman, der immer wieder durch extremes Verhalten und fragwürdige Äußerungen und Standpunkte innerhalb der Serie verwendet wird. Cartmans Rache wird grausam, vollkommen übertrieben und gnadenlos. Er sorgt dafür, dass Scotts Eltern erschossen werden. Besonders perfide daran ist, dass Cartman antizipiert, dass nicht Scott selbst in die aufgestellte Falle gehen wird, sondern er seine Eltern dorthin schickt – in den sicheren Tod. Das ahnt aber zu diesem Zeitpunkt weder Scott, noch die meisten Zuschauer. Eine solche Ausdeutung wäre zu heftig, selbst für South Park bis zu diesem Zeitpunkt.

Doch damit ist Cartman nicht zufrieden. Unter einem Vorwand lockt er die Band Radiohead nach South Park. Sein Plan sieht vor Scott zu demütigen während die Band anwesend ist, weil es Scotts Lieblingsband ist. Als die Mitglieder von Radiohead eintreffen ist Scott unerlässlich am Weinen, da er zuvor von Cartman erfahren hat, was mit seinen Eltern geschehen ist. Diese beiden Schritte von Eric Cartmans Rache sind bereits überzogen und ohne Frage grausam. Doch der perverseste Teil der Rache besteht wohl in dem Umstand, dass er Scott zu einem Chili-Fest mit Wettbewerb eingeladen hat. Scott hat Eric Chili vorgesetzt, das Schamhaare enthält. Cartman antizipiert dies und tauscht Scotts Chili aus, bevor er mit großer Wonne eine Portion verspeist – dies markiert zudem den ersten Punkt, an dem Cartman Scott einen Schritt voraus ist und somit das „Spiel“ der beiden umdreht. Der Schlusspunkt der Episode ist allerdings besonders dadurch so krass, dass Cartman die Leichen von Scotts Eltern gestohlen, zerlegt und zu Chili verarbeitet hat, das Scott genüsslich verspeist. Das ist der Punkt, an dem deutlich wird, dass die Dualität der beiden Figuren komplett umgeschlagen ist. Scott heult, ist verstört und wird von den Mitgliedern seiner Lieblingsband gedemütigt, vor den Augen vieler Einwohner der Stadt. Cartmans Triumph ist perfekt, er leckt Scotts Tränen auf, ergötzt sich an seinem Leid und labt sich am Schmerz des vorherigen Peinigers.

Tenorman 1

Diese Episode ist heftig und aufgrund der Dramaturgie als Horror und genauer gesagt als Folterspiel mit gegenseitigen Abhängigkeiten einzustufen. Während Scott sich mies gegenüber Cartman verhält, fällt die Rache des Unterdrückten um ein Vielfaches schlimmer aus. Cartman wird kein körperliches Leid zugefügt, er verliert 16 Dollar und 12 Cent. Zusätzlich macht er sich selbst lächerlich, aufgrund seiner kindlichen Naivität. Von dieser ist nach der Episode nur noch dann etwas in Eric Cartmans Charakter zu finden, wenn er selbst daraus einen Vorteil hat. Für die Seriendramaturgie ist es eine maßgebende Episode. Für die meisten Zuschauer von South Park ist die Geschichte von Scott und Eric an diesem Punkt abgeschlossen, doch in der zensierten und aus dem Episodenlauf entfernten Folge „201“ treffen die beiden erneut auf einander. In dieser Episode wird deutlich, dass Scott Erics Halbbruder ist und Eric im Grunde seinen eigenen Vater ermordet hat. Scott ist zu diesem Zeitpunkt vollkommen irre und beseelt davon Rache an Eric Cartman zu nehmen.

Infokasten

„Scott Tenorman muss sterben!“ (OT: „Scott Tenorman must die!“)

South Park

Staffel 5, Episode 1

Regie: Trey Parker und Matt Stone

Drehbuch: Trey Parker

Produktion: South Park Studios, Braniff

Verleih: Comedy Central

Laufzeit: ca. 21 Minuten (uncut)

USA | 2001

Veröffentlichung: Die Episode ist im Handel erhältlich auf DVD und Blu-ray-Disc, als kostenloser Stream auf www.southpark.de und im aktuellen Angebot von Netflix enthalten.

Bildrechte: Die Bilder dieses Artikels sind Ausschnitte aus dem besprochenen Medieninhalt. Deren Rechteinhaber können Sie dieser Infobox entnehmen.

Letzte Änderung amMittwoch, 09 Oktober 2019 21:31
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

Unter anderem auch das . . .

„Das Grauen (seltener: der Graus) ist ein Substantiv der gehobenen Umgangssprache für ein gesteigertes Gefühl der Angst oder des Entsetzens, das meist mit der Wahrnehmung des Unheimlichen oder Übernatürlichen verknüpft ist. Es rührt sprachgeschichtlich vom mhd. grûwen, „Schauder“ her, welcher Begriff auch als Synonym verwendet wird.“

– Wikipedia

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