„The Hole in the Ground“ – Mein Sohn, das unheimliche Wesen
- geschrieben von André Vollmer
- Publiziert in Film
- Schriftgröße Schriftgröße verkleinern Schrift vergrößern
Eine Mutter verliert ihren Sohn im Wald. Als sie ihn in der Nähe eines seltsamen Senklochs wiederfindet, scheint er verändert. Es folgt ein Psycho-Horror-Trip.
Rezension
Der Pony kaschiert die lange Narbe auf ihrer Stirn, ein bitteres Andenken an die Vergangenheit, vor der Sarah O’Neill (Seána Kerslake) mit ihrem Sohn Christopher (James Quinn Markey) flieht. Mutter und Sohn fangen ein neues Leben in einem alten Haus in einer abgelegenen, ländlichen Gegend an. Eines Tages rennt Sarahs noch junger Sohn nach einem Streit in den naheliegenden Wald. Plötzlich ist er zwischen den dichten Baumreihen verschwunden. Außer Atem entdeckt die ihm nachgeeilte Sarah mitten im Wald ein gigantisches Senkloch, von dem eine unheimliche Aura ausgeht. Kurz darauf schließt sie ihren Sohn wieder in die Arme. Doch Christopher wirkt wie verändert. Fortan wachsen Sarahs Zweifel, ob dieser Junge, den sie im Wald gefunden hat, wirklich ihr Sohn ist.
Der Horrorfilm von Regisseur und Drehbuchautor Lee Cronin ist ruhig erzählter Psycho-Horror mit überzeugendem Schauspiel und düsteren, teils sehr ästhetisierten Bildern. Gleich zu Beginn fliegt die Kamera über einen schier unendlichen Wald, das Bild wird auf dem Kopf stehend gezeigt. In der Bildgestaltung kündigt sich das kommende Unheil schon an. Inhaltlich greift der Film den irischen Wechselbalg-Mythos auf, um eine Geschichte über eine Mutter zu erzählen, die ihren eigenen Sohn nicht wiedererkennt. Gekonnt legt der Film zwei Fährten aus, die zu je einer Deutung des Geschehens führen, und hält so die Spannung bis zum Finale aufrecht: Leidet Sarah etwa wegen ihrer traumatischen Vergangenheit an einer Angststörung, die sie auf ihren Sohn projiziert? Oder geht wirklich Merkwürdiges mit Christopher vor?
The Hole in the Ground lebt einerseits von dem Unheimlichen, das von Christophers mysteriösem Verhalten und dem andersweltlichen Senkloch im Wald ausgeht. Andererseits lebt der Film auch von der Unsicherheit, ob eigentlich der Junge die Bedrohung ist oder nicht eher seine vielleicht psychisch kranke Mutter. In weiten Teilen der Handlung ist die Verkörperung des Unheimlichen aber Christopher, der als monströser Sohn zu einer perfiden Verkehrung des Normalen wird. Eine Mutter will ihr Kind instinktiv beschützen. Hier allerdings wird das Beschützenswerte zur Bedrohung. Egal, ob der Junge im Wald verändert wurde oder nicht, bald erscheint es so, als hätte Sarah sich das Böse nicht nur in die eigenen vier Wände, sondern in den engsten Familienkreis geholt. Daher ist es ihr furchtbar nahe und schwierig zu überwinden, was immens spannungssteigernd wirkt, zumal nach wie vor die Frage im Raum steht, ob Christopher böse oder Sarah wahnsinnig ist.
Insgesamt ist The Hole in the Ground für jeden sehenswert, der psychologischen Horror mit einer investigativen Story und einer dichten Atmosphäre mag. Mir hat der Film gefallen, gerade weil er mich über weite Strecken zwischen einer phantastischen Lesart und einer psychologisch-realistischen hin und her geworfen hat.
Trailer zu The Hole in the Ground
Infokasten
„The Hole in the Ground“
Regie: Lee Cronin
Drehbuch: Lee Cronin, Stephen Shields
Laufzeit: 90 Minuten
Produzent: Savage Productions, Bankside Films, Head Gear Films, Metrol Technology, Wrong Men North
Verleih: Weltkino Filmverleih (Deutschland)
Irland 2019
Veröffentlichung in Deutschland: 2. Mai 2019 (Kinostart),
Bildrechte: Die Bilder dieses Artikels sind Ausschnitte aus dem besprochenen Medieninhalt. Deren Rechteinhaber können Sie dieser Infobox entnehmen.
- Horror
- psychologischer Horror
- Spannung
- Mutter und Kind
- Mutter und Tochter
- Wahnsinn
- Das Böse
- Das Böse im Haus
- Abhängigkeit
- Das Böse in der Familie
- Ambivalenz
- Mehrdeutigkeit
- gegenseitige Abhängigkeit
- Phantastik
- Weltkino Filmverleih
- Irland
- Wald
- Mythologie
- Irische Mythologie
- Wechselbalg
- Kinder
- Monster

André Vollmer
Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.