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Film

„M.F.A.“ – Master of Fine Arts in Revenge

Filmszene (Ausschnitt) Filmszene (Ausschnitt)

Noelle studiert Kunst in der Masterclass am Balboa College. Eines Abends wird sie von einem Kommilitonen vergewaltigt. Aber niemand will ihr glauben oder helfen.

Rezension

„Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt serviert!“ – Klingonisches Sprichwort.

MFA 2Allein, verletzt und verängstigt ist Noelle (Francesca Eastwood) nach der Tat. Einzig ihre Nachbarin und Freundin Skye (Leah McKendrick) glaubt ihr, rät jedoch dazu, diese eine Scheißnacht nicht den Rest ihres Lebens bestimmen zu lassen. In der Uni läuft es für Noelle unterdes nicht besonders gut, sie kann ihr kreatives Potential nicht voll entfalten, wird vom Lehrer vor der Klasse bloßgestellt und von den Kommilitonen verspottet. Das macht die Situation nicht besser. Als Noelle einige Tage nach ihrer Schändung beschließt, ihren Vergewaltiger zu konfrontieren, zeigt dieser sich alles andere als einsichtig. Kurze Zeit später liegt er in einer Lache seines eigenen Blutes. Noelle hat sich verändert, sie merkt, dass nur sie selbst sich helfen kann. Diese neue Erkenntnis löst auch die Krise ihrer Kreativität und es gelingt ihr nun endlich jene Werke zu erschaffen, die sie immer wollte.

Beeindruckende Kunst. Noelle musste nur eine andere Perspektive auf diese einnehmen, um ihre Fertigkeiten in der Malerei zu perfektionieren. Allerdings konzentriert sich Noelle fortan auf die Kunst des Tötens, jedoch nicht willkürlich. Sie beginnt zu recherchieren und findet weitere Fälle, bei denen Studentinnen vergewaltigt wurden und die Täter keine Strafe dafür bekommen haben. Es gibt vergleichbare Fälle und immer wurden die Frauen als ‚selbst Schuld‘ definiert. Die Frau als Opfer, nach einer der furchtbarsten, wenn nicht gar der schrecklichsten Tat, die man einer Frau antun kann, wird in diesem Film als schwach und hilflos gezeigt. Das System macht die Opfer selbst zu Tätern, zumindest gab es keine Vergewaltigungen auf dem Campus in den vergangenen Jahren, laut offiziellen Statistiken. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. Noelle ist mitnichten allein in ihrer Situation. Aus diesem Grund beschließt sie, etwas dagegen zu tun. Ein heftiger Trip beginnt, in dem Noelle ihre Reize einsetzt, um Gerechtigkeit zu schaffen.

MFA 1

M.F.A. gelingt es, eine Geschichte über Rache und Selbstjustiz zu präsentieren, die jedoch eben diese in Frage stellt, ohne aber die Taten der Protagonistin – die hier zentral als Gesellschaftskritik gelesen werden können – zu verurteilen. Das ist eine Balance, die extrem schwer zu finden ist, jedoch weder die Vergewaltigung noch die Morde verharmlost. Dies gelingt durch den Zusammenhang und die Spiegelung zur Kunst, die im Film allgegenwärtig erscheint. Hier werden wie beiläufig ethische und philosophische Themen aufgegriffen, während die Protagonistin – ein zerbrechliches und einfühlsames Wesen – scheinbar keine andere Wahl gelassen wird, als selbst über Recht und Unrecht zu entscheiden. M.F.A. geht einem wahrlich nahe, wenn die Schicksale der Vergewaltigungsopfer und die resultierenden Traumata aufgezeigt werden. Auch im Fall der Protagonistin ist dies gegeben, wodurch es schwer ist, für diese Figur Antipathie zu empfinden. In der Hauptrolle spielt Francesca Eastwood überragend und offenbart eine umfangreiche Palette an authentischen Emotionen. Dieser Film ist zugleich einfühlsam und wunderschön, während die Thematik und das Gezeigte oftmals zutiefst schrecklich sind.

Dieser Film ist komplex, intensiv und emotional. M.F.A. überzeugt auf ganzer Linie und hätte eine bessere Spielposition als in der Nacht von Montag auf Dienstag auf dem Fantasy Filmfest 2017 verdient. Allerdings, und das muss man leider immer wieder feststellen, sind Filme wie M.F.A. nicht als Publikumsmagnet geeignet. Dass man sich dennoch dafür entschieden hat, diesen Film zu zeigen, der allein aufgrund der Vergewaltigungsthematik schon eine Herausforderung darstellt, verdient großes Lob. Danke dafür.

Trailer zu M.F.A.

Infokasten

„M.F.A.“

Regie: Natalia Leite

Drehbuch: Leah McKendrick

Laufzeit: 95 Minuten

Produzent: Mike C. Manning, Leah McKendrick, Shintaro Shimosawa

Verleih: Meteor Film

USA | 2017

Letzte Änderung amDonnerstag, 07 November 2019 21:29
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

Unter anderem auch das . . .

Dann, wenn es tagt, entweichen sie, jedes nach seiner Seite: Hexen, Kobolde, Visionen, phantastische Bilder. Nur gut, daß sich dieses Volk nur nachts und im Dunkel zeigt. Niemand konnte herausfinden, wo es sich tagsüber einschließt und verbirgt.

– Francisco de Goya über eine phantastische Radierung aus seiner Bilderreihe Los Caprichos.

(Dazu passt das 43. Blatt der Caprichos).

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