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Film

Fantasy Filmfest Tag 2: Home-Invasion, Vampire und Skurrilität

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Heute im Programm: See For Me, Broadcast Signal Intrusion, Let the Wrong One in, Raging Fire und Mother Schmuckers

Veranstaltungsbericht und Kurzkritiken

Der zweite Tag des Fantasy Filmfestes liegt hinter uns. Neben dem cleveren Home-Invasion-Thriller See For Me überzeugt heute vor allem der investigative und ruhige Technologie-Horrorfilm Broadcast Signal Intrusion. Zusätzlich gibt es mit Conor McMahans Vampirkomödie Let the Wrong One in eine blutige Popcornparty, den letzten Film des verstorben Regisseurs Benny Chan Raging Fire und den beim Sundance Filmfestival stark polarisierenden Mother Schmuckers. Letzterer ist eine Komödie über zwei selten dumme Brüder, die mit ihrem Leben überfordert sind.

See For Me

SeeForMe Poster FNSophie (Skyler Davenport) war eine erfolgreiche Nachwuchssportlerin im Ski. Durch einen Unfall hat die Teenagerin allerdings ihr Sehvermögen verloren. Um sich etwas Geld zu verdienen, passt Sophie auf Katzen und Häuser reicher Leute auf, wenn diese nicht da sind. Sophie will mit ihrer Mutter nicht darüber sprechen, was sie tut. Sie will für sich selbst verantwortlich sein und ihr Leben möglichst selbstständig bestreiten. Als dann eine Gruppe von Männern in das abgelegene Haus einbricht, das Sophie an diesem Wochenende hütet, entwickelt sich ein spannender und innovativer Home-Invasion-Horror.

Mit mehreren intelligenten Wendungen und einem überraschenden Figurenensemble inszeniert See For Me. Der Film ist hochklassig produziert und holt aus der Enge des Szenarios das Maximum an Intensität heraus. Ein großartiger Film, der dem Genres Home-Invasion eine Frischzellenkur bietet.

Infozeile: „See for Me“, R: Randall Okita, Kanada 2021, Atlas Films

Broadcast Signal Intrusion

James (Harry Shum Jr.) arbeitet als Digitalisierer in einem TV-Archiv. Seine Aufgabe besteht vornehmlich darin alte Beiträge von VHS auf DVD zu übertragen. Dieser Prozess geschieht in Echtzeit und in der Folge ist diese Arbeit äußerst zeitintensiv. Eines Tages stolpert er in einer Nachrichtensendung über eine illegale Signaleinspeisung. Die etwa eine Minute lange „Piraten-Sendung“ enthält verstörende Inhalte und merkwürdige Geräusche. Irgendetwas an dieser Übertragung fasziniert James, der fortan beginnt zu recherchieren. Je mehr er erfährt, desto mehr scheint eine persönliche, traumatische Erfahrung von James mit den Übertragungen zusammenzuhängen.

Broadcast Signal Intrusion ist ein spannender Mix aus Horror mit einigen Science-Fiction-Elementen, die allerdings weitgehend in der technischen Wirklichkeit der Medientechnologie von 1999 verankert sind. Ein düsterer und äußerst stimmungsvoller Film, der bis zuletzt vieles unbeantwortet lässt.

Broadcast

Infokasten: „Broadcast Signal Intrusion“, R: Jacob Gentry, USA, derzeit kein dt. Verleih

Let the Wrong One in

let theMatt (Karl Rice) und sein Bruder Deco (Eoin Duffy) haben ohnehin ein schwieriges Verhältnis. Deco hatte Drogenprobleme, die die Familie nahezu zerstört haben. Doch jetzt ist er runter von dem Zeug, wird jedoch auf einer Party von einer Frau gebissen und zum Vampir gewandelt. Als Deco sich hilfesuchend an Matt wendet, lässt dieser ihn in sein Haus.

Conor McMahon (Stitches) zaubert wieder eine bluttriefende Popcornparty auf die Leinwand. Zum Ende hin wird die Inszenierung etwas trashig, aber insgesamt tut das dem Filmvergnügen kaum einen Abbruch.

Infozeile: „Let the Wrong One in”, R: Conor McMahon, Irland, derzeit kein dt. Verleih

Raging Fire

RagingRaging Fire ist einer dieser typischen „Polizei gegen Gangster“-Action-Blockbuster aus Hong Kong. Donnie Yen, der neben der Hauptrolle auch für die Choreografien der Actionsequenzen verantwortlich ist, spielt in diesem Film einen pflichtbewussten Polizisten, dessen Charakter sich durch höchstmögliche Integrität auszeichnet. Im Endeffekt wird hier eine narrative Umrahmung geschaffen, für die opulente Action, die eigentlich im Zentrum der Inszenierung steht. Einige Szenen wirken dabei unnötig pathetisch und emotional überladen, was in Raging Fire vornehmlich die Rückblenden betrifft, in denen die Vorgeschichte und der Konflikt zwischen Protagonist und Antagonist vertieft werden.

Benny Chans letzter Film ist kein überragendes Werk, über weite Stecken allerdings ein unterhaltsamer Actionfilm mit vielen taktischen Schießereien und Martial-Arts. Donnie Yen, als einer der größten lebenden Martial-Artisans, zeigt hier sein volles Vermögen sowohl als Darsteller als auch als Choreograf für Actionsequenzen. Benny Chan verstarb am 23. August 2020 im Alter von 58 Jahren. Ruhe in Frieden, Benny Chan! Die Welt hat einen großen Regisseur des Actionkinos verloren.

Infozeile: „Raging Fire“, R: Benny Chan, Hong Kong, China, 2021, Koch Films

Mother Schmuckers

motherWas soll man über einen Film sagen, der damit beginnt, dass zwei erwachsene Männer in der Küche ihrer Mutter Kot in einer Bratpfanne zum Kochen bringen?

Über Mother Schmuckers viele Worte zu verlieren, wäre anderen Werken gegenüber ungerecht. In vielerlei Hinsicht hat dieser Film sich zur Aufgabe gemacht zu schockieren und zu polarisieren. Manchem mag es gefallen, was diese Komödie seinem Publikum anbietet, das steht auch jedem frei. Bei unserem Redaktionsteam in Stuttgart hat der Film allerdings lediglich Kopfschütteln hervorgebracht. Im Grunde ist der Film eine Missachtung von fast allem, was filmische Qualität anbelangt. Im Kino haben einige den Film dennoch gefeiert. Die meiste Zeit über schreien sich die Figuren an und streiten miteinander, oftmals wegen Nichtigkeiten.

Der Film wird lediglich auf dem Fantasy Filmfest in Stuttgart und Berlin gezeigt, die anderen Spielorte bekommen stattdessen Bloody Oranges zu sehen.

Infozeile: „Mother Schmuckers“, R: Harpo Guit und Lenny Guit, Belgien, 2021, derzeit ohne dt. Verleih

Letzte Änderung amDienstag, 19 Oktober 2021 11:29
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

Unter anderem auch das . . .

„Der Traum ist ein zweites Leben. Ich habe nie ohne zu schaudern durch die Elfenbein- oder Horntore dringen können, die uns von der unsichtbaren Welt scheiden. Die ersten Augenblicke des Schlafes sind das Bild des Todes. Eine nebelhafte Erstarrung ergreift unsern Gedanken, und wir können den genauen Augenblick nicht feststellen, wo das Ich in einer andern Form die Tätigkeit des Daseins fortsetzt. Ein ungewisses unterirdisches Gewölbe erhellt sich allmählich und aus dem Schatten der Nacht lösen sich in ernster Unbeweglichkeit die bleichen Figuren, welche den Vorhof der Ewigkeit bewohnen. Dann nimmt das Bild Form an, eine neue Helligkeit erleuchtet diese Erscheinungen in wunderlichem Spiel: - es öffnet sich uns die Welt der Geister.“

– Gérard de Nerval in „Aurelia oder Der Traum und das Leben

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