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Film

Tierfreund, schüchtern, energisch sucht die Frau fürs Leben: „Pet“

Filmplakat (Ausschnitt) Filmplakat (Ausschnitt)

Sie: Attraktiv, fröhlich, einzigartig, abweisend. „Und bist Du nicht willig, so brauch ich Gewalt.“ (Goethe, Erlkönig)

Seth (Dominic Monaghan) führt ein einfaches Leben. Jeden Tag steht er auf und macht seine Arbeit im örtlichen Tierheim. Die Tiere scheinen Seth näher zu stehen als die Kollegen. Zweifellos ist Seth im Umgang mit seinen Mitmenschen reserviert, aber er ist freundlich und zuvorkommend. Eines Tages trifft er im Bus seine ehemalige Mitschülerin Holly (Ksenia Solo) wieder. Die attraktive Frau ist nun als Autorin tätig und kritzelt ständig Gedanken in ihr Notizbuch. Seth verliebt sich in Holly, die ihn allerdings abweist. Seth will nicht einfach aufgeben und beginnt, die sozialen Netzwerke nach seiner angebeteten zu durchforsten. Schnell wird ein feingliedriges Raster von Hollys Persönlichkeit erstellt und in bester Stalkermanier sitzt Seth eine Woche nach dem zufälligen Treffen in dem Restaurant, in dem Holly kellnert. Er spricht Sie wieder an, hat sich einen Plan zurechtgelegt, mehrere Strategien entwickelt, die auf Hollys Interessen abzielen. Doch Seth scheitert erneut. An einem anderen Abend verfolgt Seth seine Beute in eine Bar. Dort gerät Seth in ein Handgemenge mit Hollys Exfreund (Nathan Parsons). Trotz einer empfindlichen Niederlage gibt Seth nicht auf.

Dominic Monaghan als Seth und Ksenia Solo als Holly

Nach diesem Abend ist Seth im Besitz von Hollys Notizbuch. Eine nächtliche Lektüre später beschließt Seth einen Käfig zu bauen. Seth observiert Holly, analysiert ihren Tagesablauf, ihre Gewohnheiten und bereitet ihre Entführung vor. Parallel dazu montiert Seth einen Käfig für Holly, in einem nicht mehr genutzten Kellerraum des Tierheims. Es kommt, wie es kommen muss: Seth betäubt Holly und sperrt Sie in den Käfig. Als Holly im Käfig erwacht und Seth den Raum mit seiner Angebeteten betritt, ist die Spannung spürbar. Seth hat seine Verwandlung vom netten Kerl von Nebenan zum Psychopathen abgeschlossen, doch auf dieser Grundlage erwächst eine überraschende Weiterführung der Geschehnisse.

Ksenia Solo als HollyPet besitzt die große Stärke einer unvorhersehbaren Erzählung. Hier werden Erwartungen aufgebaut und nicht erfüllt, klassische Motive aufgegriffen und hinterfragt, sodass nichts ist, wie es zunächst scheint. Dabei springt Pet nicht von einem Twist zum nächsten, sondern errichtet ein nachvollziehbares Fundament, das in den Abgrund der menschlichen Seele führt. Der Film beginnt nicht erst, wenn Holly von Seth in den Käfig gesperrt wird, jedoch steigert sich sowohl die psychologische als auch die dargestellte Gewalt im Werk fortan deutlich. Der Film setzt dabei gleichwohl auf kurze Momente intensiven Ekels (das Herausreißen eines Fingernagels) als auch langgezogene visuelle Schreckensinszenierung (das Zerteilen und Entsorgen von Leichen). Das steigert die Intensität von Geschichte und Inszenierung.

Es wird weit mehr als die Geschichte einer unerfüllten Liebe thematisiert, wodurch die möglicherweise geschaffenen Erwartungen an den Film nicht eingehalten werden. Das ist positiv, denn in diesem Kontext unterscheidet sich Pet auf erfrischende Weise von anderen beziehungsmotivierten Entführungsgeschichten (z. B. Berlin Syndrome, Captivity, Safe Neighborhood). Regisseur Carles Torres lässt die Zuschauer teilhaben an einer grausamen Transformation. Seth wird von einem liebenswerten Loser zu einem bedrohlich und kalt wirkenden Psychopathen. Torres nimmt sich dabei viel Zeit, um die zentralen Figuren zu charakterisieren. Zum Teil verborgen, zuweilen jedoch recht offensichtlich wird der alles Entscheidende Twist in Pet vorbereitet. Es ist mutig, diesen bereits in der Mitte des Films zu offenbaren. Ein gutes narratives Werk zeichnet sich dadurch aus, dass nicht alles auf eine einzige Pointe hinausläuft und dann vorbei ist. Nach dem Twist setzt sich die Geschichte fort, wechselt jedoch einige Vorzeichen, wodurch die Stimmung des Werkes verändert wird.

Ksenia Solo als Holly und Nathan Parsons als Eric

Pet ist kein einfacher Film. Carles Torres liefert einen beklemmenden Entführungsthriller, der die Grenze ins Schreckliche mehrfach überschreitet. In einzelnen Sequenzen wird die Heftigkeit des Stoffes visuell unterstützt, vieles findet jedoch zwischen den Zeilen statt. Pet ist ein intensiver Film, der durch frische Ideen und eine bösartige Überraschung überzeugt.

Trailer zu Pet (Englisch)

Infokasten

„Pet“

Regie: Carles Torres

Drehbuch: Jeremy Slater

Laufzeit: 94 Minuten

Produzent: Nick Philips, Kelly Wagner

Verleih: Pandastorm Pictures

USA | 2016

Letzte Änderung amFreitag, 25 August 2017 12:06
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

Unter anderem auch das . . .

„Das Grauen (seltener: der Graus) ist ein Substantiv der gehobenen Umgangssprache für ein gesteigertes Gefühl der Angst oder des Entsetzens, das meist mit der Wahrnehmung des Unheimlichen oder Übernatürlichen verknüpft ist. Es rührt sprachgeschichtlich vom mhd. grûwen, „Schauder“ her, welcher Begriff auch als Synonym verwendet wird.“

– Wikipedia

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