Unfreiwillig im Weltraum: „Stowaway“
- geschrieben von Thomas Heuer
- Publiziert in Film
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Während der letzten Wartung vor dem Start zum Mars fällt ein Techniker in Ohnmacht und wird so zu einem blinden Passagier und Risiko für eine Weltraummission.
Rezension
Unter dem Kommando von Astronautin Marina Barnett (Toni Collette) bricht eine Forschungsmission zum Mars auf. Dabei sind die Medizinerin Zoe Levenson (Anna Kendrick) und der Biologe David Kim (Daniel Dae Kim), die sowohl auf dem Flug als auch bei der Ankunft auf dem Mars zukunftsweisende Forschung betreiben sollen. Das Ziel ist eine Kolonialisierung des Mars durch die Menschen. Kurz nach dem Start entdecken die Weltraumreisenden einen bewusstlosen Wartungstechniker (Shamier Anderson), der zwischen einer Wartungsklappe und der Außenhülle eingeklemmt ist. Bei seiner Befreiung wird einer der Luftfilter des Raumschiffs irreparabel beschädigt. In der Folge steht die Crew vor der Herausforderung Sauerstoff für nun vier Personen zu generieren, wo es lediglich noch Sauerstoff für zwei Personen an Bord gibt.
Stowaway ist ein aufwändig produzierter Film, der auf einem Raumschiff mit künstlicher Schwerkraft spielt. Die ruhige Erzählweise und der tragische Ansatz der Geschichte, der frühzeitig andeutet, dass einige der Figuren die Geschehnisse nicht überleben könnten, gestalten die Ausgangslage interessant. Hier wird zur essenziellen ethischen Frage, wer entbehrlich ist. Der Film inszeniert die zunehmende Hoffnungslosigkeit vornehmlich darüber, dass menschliche Fehler die Lösung des Konfliktes verhindern. So wählt der Film ein schwieriges und erzwungenes Ende, dass den Zuschauer*innen den Eindruck von einer aufgesetzten Tragödie geben könnte. Willkürlich wird der eigentliche Konflikt des Werkes immer wieder intensiviert. Dadurch verliert das Gezeigte schnell die Spannung und der Ausgang des Films verbleibt ohne einen Epilog, der die nun folgenden Konsequenzen aus der Auflösung des Konfliktes einordnet. Musik, Ausstattung, Mis-en-Scene und Darsteller sind sehr gut, doch das Drehbuch besitzt einige Schwächen, wodurch Stowaway lediglich ein hübscher, aber durchschnittlicher Beitrag zum Science-Fiction-Genre ist. Das Ende besitzt einfach zu viel aufgesetzte Pathetik, wo die Geschichte eigentlich die Grundlage für so viel mehr angeboten hätte.
Veröffentlichungspolitik
Die Netflix-Produktion Stowaway erscheint aktuell im deutschen Einzelhandel. Bei Netflix erscheint Stowaway in Deutschland vorerst nicht, da es sich hier ähnlich verhält wie bei Gunpowder Milkshake und eine deutsche Produktionsfirma am Dreh der Filme beteiligt ist und somit verlangt, dass der Film hierzulande zunächst im Kino gezeigt wird und dann regulär der Wertschöpfungskette folgt (Leihe Video-on-Demand (früher Verleihstart in Videotheken) | ggf. Pay-TV | Kauf Video-on-Demand/DVD/Blu-ray | Streamingdienste | Free-TV). Stowaway ist hierbei keine Ausnahmeerscheinung, bereits mehrfach wurden Netflix-Produktionen in Deutschland ins Kino gebracht, beispielsweise die „Constantin Film“-Co-Produktion The Silence. Dadurch haben die Deutschen den Vorteil Filme, die sonst lediglich im Heimkino zu sehen sind, im Kino ansehen zu können. Allerdings starten die Filme hierzulande nicht vor der Netflix-Veröffentlichung in anderen Ländern, sondern später. Im Fall von Stowaway ist der Film bereits seit dem 22. April 2021 im Netflix-Katalog von 27 Ländern (derzeit gibt es Netflix in 38 Ländern). In Deutschland folgte am 24. Juni 2021 der Kinostart, als hierzulande noch einige Regionen im kompletten Lockdown waren und vielerorts nicht an Kino zu denken war. Jetzt erscheint Stowaway im Einzelhandel und noch immer nicht im deutschen Netflix-Katalog, was besonders Abonnent*innen ärgern dürfte.
Fazit
Stowaway ist ein Film, der aus audio-visueller Perspektive wenig Raum für Kritik bietet. Der Schwachpunkt ist die Dramaturgie, die Pathos mit Tragik verwechselt und dadurch kurze intensive emotionale Wirkung gegen einen intensiven emotionalen Nachhall eintauscht. Dass eine Netflix-Produktion nicht im deutschen Netflix-Katalog enthalten ist, hinterlässt zudem einen bitteren Beigeschmack.
Infokasten
„Stowaway – Blinder Passagier“ (OT: „Stowaway”)
Regie: Joe Penna
Drehbuch: Joe Penna, Ryan Morrison
Produktion: Augenschein Filmproduktion, RainMaker Films, Netflix, Bavaria Filmproduktion, et. al.
Verleih: Wild Bunch Germany (Kino), EuroVideo (DVD, Blu-ray), Netflix (Video-on-Demand)
Laufzeit: 116 Minuten (uncut)
Deutschland, USA, UK | 2021
Veröffentlichung: Ab dem 11.11.21 auf DVD, Blu-ray-Disc und als Video-on-Demand im Handel erhältlich.
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Thomas Heuer
Dr. phil. Medienwissenschaft
Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer
Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie
Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik