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Film

Fantasy Filmfest 2011, Tag 4

Festivalplakat (Ausschnitt) Rosebud Entertainment Festivalplakat (Ausschnitt)

Cthulhuide Untiefen und christlicher Fundamentalismus:

The Valdemar Legacy und Red State

Außerdem: Urban Explorer, Sucide Room, War Games – At the end of the Day, The Revenant

Einige unerwartete Themen: eine Deutschland-Premiere und jede Menge Spannung. Ausgiebig betrachten wir heute The Valdemar Legacy und Red State. Der vierte Tag des Fantasy Filmfestivals hatte einiges zu bieten, allerdings auch eine herbe Enttäuschung: Urban Explorer war vermutlich einer der vorhersehbarsten und überflüssigsten Slasher aller Zeiten. Außerdem gesehen haben wir Sucide Room, War Games – At the end of the Day und The Revenant.

Urban Explorer war vermutlich einer der vorhersehbarsten und überflüssigsten Slasher aller Zeiten. Mische Creep mit Freitag der 13. und füge eine Menge an gezeigter Gewalt hinzu, die für einen Torture-Porn passen würde. Neben diversen internen und externen Logikfehlern wird auch noch eine schlechte Schauspielführung geboten. Für Trash ist der Film zu gut und aufwändig produziert, für Horror zu vorhersehbar und für Torture-Porn zu harmlos. Der Versuch, den Killer als eine lustige Figur darzustellen, gelingt gut. Es stellt sich nur die Frage, ob eine derartige Inszenierung sinnvoll ist. Urban Explorer ist folglich nichts – außer, abhängig vom Blickpunkt, schlecht. Der Film läuft ab Oktober in den deutschen Kinos, ist eine deutsche Produktion und hatte gestern seine Deutschland-Premiere, aufgrund der so entstandenen Chance den Film vorabzusehen, kann man dazu raten, den Film nicht anzusehen, außer man hat noch nie einen Slasher gesehen.

Eine positive Überraschung war der polnische Film Suicide Room. Der junge Dominik hat alles was er sich wünschen kann, da seine Eltern reich und erfolgreich sind. Allerdings haben diese nie Zeit für ihn. Freunde hat der introvertierte Junge nur wenige. Mehrere Ereignisse stürzen Dominik in eine tiefe Depression und der Zuschauer wird dazu gezwungen, zu zusehen wie für Dominik die Welt zu seinem Zimmer wird. Seine einzige zwischenmenschliche Kommunikation geschieht über das Internet. Dort trifft er Sylwia die innerhalb eines virtuellen Spiels den „Suicide Room“ gegründet hat, in dem sich viele Depressive und Suizidgefährdete treffen. Dominik verliert mehr und mehr den Bezug zur Realität und verliert sich in den Fängen des „Suicide Rooms“. Geschickt wird zwischen der virtuellen Welt des Spiels (komplett als Computeranimation) und der realen Welt gewechselt. Die Handlung baut eine eigene Art von Spannung auf. Suicide Room ist ein sehr eigenständiger, sehenswerter Film.

Bei War Games – At the end of the Day handelt es sich um einen gelungenen Slasher mit einigen kleinen Fehlern und einem hohen Maß an Gewalt. Eine Gruppe von Airsoft-Spielern wird zur Beute einer Gruppe militanter Hinterwäldler, die ein blutiges Spiel ausrufen, die Trophäe ist das Leben eines Mädchens aus der Gruppe. Spannend, gut inszeniert, jedoch platte Charaktere. Nicht nur für Liebhaber des Slasher-Genres, aber es hilft schon dieses zu mögen.

Mit The Revenant gibt es eine sehr schwarze Komödie. Ein US-Soldat kehrt als Vampir zurück und tötet nun Verbrecher, um seinen Durst nach Blut zu stillen. Eine großartige Komödie mit vielen Seitenhieben auf die Gesellschaft der USA. Tolle Charaktere und heftige Witze: sehr gut!

Red State (Kurzrezension)

Kevin Smith (u. a. Dogma, Clerks, Chasing Amy) hat erstmals einen Horrorfilm gemacht. Und das mit Erfolg. Eine Gruppe von fanatischen Christen nimmt sich zur Aufgabe gegen Homosexuelle vorzugehen. Andere „unzüchtige“ Männer werden ebenfalls entführt und hingerichtet. Vermutlich hat dieser Bund von Christen mehr Blut an den Händen als ein Massenmörder, jedoch das Bewusstsein, das alles, was sie tun im Namen und Auftrag Gottes geschieht. Der Priester dieser Gemeinde wird hervorragend von Michel Parks gespielt. Wahnsinn und Gehirnwäsche sind allgegenwärtig, während er predigt, um anschließend einen am Kreuz Gefesselten hinzurichten. Die Geschichte eskaliert mit dem Mord an einem Deputy durch ein Gemeindemitglied. Am nächsten Morgen steht das FBI vor der Tür und soll die „Terrorzelle“ ausrotten - ohne Zeugen.

Hinter der Geschichte steht viel Kritik an der Gesellschaft, der Religion und der Terrorismus-Debatte in den USA nach dem 11. September 2001. Großartig werden tiefe Abgründe aufgetan. Ohne einen Wimpernschlag zu überlegen wird eine flüchtende Geisel erschossen, daraufhin entsteht ein kriegsähnliches Szenario.

Red State ist ein sehr guter Film und sollte, wenn man die Chance bekommt, angesehen werden. Auch wenn einen der Film zum Nachdenken bringt, kann man sich ebenfalls unterhalten lassen und versuchen sich in den Red State hinein ziehen zu lassen.    

The Valdemar Legacy I (Kurzrezension)

Eine viktorianische Villa, wie es sie sonst in Spanien nicht gibt: das Valdemar-Anwesen. Zuvor von keinen Immobilienhändler katalogisiert, war das prächtige Landhaus lange in Vergessenheit versunken. Jetzt soll Luisa Llorente das Gemäuer aus dem 19. Jahrhundert begutachten und die Einrichtung inventarisieren. Bei ihrer Arbeit stößt sie recht schnell auf die Überreste eines vormaligen Gutachters, der als vermisst gilt. Und auch der Mörder lässt nicht auf sich warten: Stöhnend und fauchend humpelt seine Silhouette durchs Dunkel.

Nach einer kurzen Exposition in der Immobilienagentur wird der Zuschauer sehr schnell dem Schrecken im Valdemar-Anwesen ausgesetzt, das sich an Luisas Fersen heftet. Während sie ebenfalls verschwindet und jemand vom Präsident ihrer Agentur beauftragt wird, sie wieder zu finden, wird der schnelle Einstieg stimmungsvoll gebremst: Der Film wechselt ins ausgehende 19. Jahrhundert und erzählt die Tragödie der Valdemar-Familie, das Kernstück des ersten Teils. Atmosphärisch werden die abgründigen Ursprünge des Valdemar-Vermächtnisses beleuchtet, nicht zuletzt mit interessanten Figuren wie Bram Stoker, der literarische Inspiration sucht, und zwar aus dem unseligen "Dunwich-Ritual", das sich damals auf dem Anwesen zugetragen hat. Das allerdings ist nicht die einzige Anspielung, die den Zuschauer erwartet. Das gesamte Szenario steht in der Tradition H. P. Lovecrafts. Eine Schlüsselfigur, den Fans düsterer Mythologie kennen dürften, tritt ebenfalls auf: der Okkultist Aleister Crowley.

Ich bin gespannt auf den zweiten Teil, der die Handlung um Lusia Llorente fortschreibt, und vermutlich Lovecrafts Abgott Cthulhu selbst auf den Plan ruft - mal sehen! Für Lovecraft-Fans und Liebhaber von haunted mansions ein Muss, aber auch für jeden geeignet, der eine atmosphärisch dicht erzählte Gruselgeschichte mag, die stellenweise mit heftigen Bilder aufwartet.

Letzte Änderung amSonntag, 19 September 2021 14:51
André Vollmer

Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.

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„Der Traum ist ein zweites Leben. Ich habe nie ohne zu schaudern durch die Elfenbein- oder Horntore dringen können, die uns von der unsichtbaren Welt scheiden. Die ersten Augenblicke des Schlafes sind das Bild des Todes. Eine nebelhafte Erstarrung ergreift unsern Gedanken, und wir können den genauen Augenblick nicht feststellen, wo das Ich in einer andern Form die Tätigkeit des Daseins fortsetzt. Ein ungewisses unterirdisches Gewölbe erhellt sich allmählich und aus dem Schatten der Nacht lösen sich in ernster Unbeweglichkeit die bleichen Figuren, welche den Vorhof der Ewigkeit bewohnen. Dann nimmt das Bild Form an, eine neue Helligkeit erleuchtet diese Erscheinungen in wunderlichem Spiel: - es öffnet sich uns die Welt der Geister.“

– Gérard de Nerval in „Aurelia oder Der Traum und das Leben“

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