„Rendel“ – Düstere Superhelden-Action aus Finnland
- geschrieben von André Vollmer
- Publiziert in Film
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Rendel, ein Superheld aus Finnland, wirkt wie ein Mix aus Spawn und Batman. Dieser actionreiche Film erzählt seine Erschaffung, aber auf unerwartet andere Weise.
Kurzrezension
Ein Superhelden-Film aus Europa, genauer: aus Finnland – wer hätte das gedacht? Gewöhnlich kommen derlei Filme ja nur aus den USA. Rendel ist entsprechend gering budgetiert, sieht dafür aber großartig aus, hat eine tolle Kameraarbeit und strahlt eine durchweg düstere Atmosphäre aus. Vor allem der titelgebende Superheld ist herrlich finster und tragisch. Rendel wirkt wie eine Mischung aus Spawn, dessen Düsternis und Vefluchtheit er teilt, und Batman, weil er wie der Fledermausmann aus der Dunkelheit und mit Taktik angreift, vornehmlich seine Fäuste sprechen lässt. Anders als der dunkle Ritter hat Rendel allerdings keine Scheu mit den Verbrechern knallhart, und oftmals mit Todesfolge, aufzuräumen.
Das Spannende an Rendel: Die handlungsführende Figur ist der Antagonist, nicht der Superheld (Kristofer Gummerus), dessen Hintergrundgeschichte parallel zur Gegenwart der Erzählung auf einer zweiten Zeitebene vermittelt wird, die in der Vergangenheit liegt, aber mit aktuellen Geschehnissen in Verbindung steht. Derart ist die tiefere Motivation des Helden lange Zeit verborgen, auch wenn natürlich klar ist, dass er als die Verkörperung des Guten gegen das Böse kämpft. Wie er dazu kommt, erschließt sich erst nach und nach. Wiederum der jähzornige Antagonist, Rotikka (Rami Rusinen), ist der Sohn eines skrupellosen Unternehmers, dessen Firma fragwürdige Medikamente herstellt und sie an Kindern testet. Seinem strengen Vater, der nicht viel von ihm hält, kann er kaum genügen – mit Rendel an den Hacken wird es umso schwieriger. Das entwickelt mitunter auch komische Situationen.
Rendel weist ein paar Schwächen im Skript auf. Etwa engagieren die Verbrecher, um Rendel loszuwerden, ein berüchtigtes Killerteam, deren Mitglieder leider etwas blass bleiben und in ihrer Gestaltung nicht an den Titelhelden heranreichen, sodass sie nicht ganz so interessante Gegenspieler abgeben. Hier und da stolpert man ein wenig über die Kampfchoreographien, deren Verlauf manchmal ein wenig willkürlich wirkt. Dennoch sind die Actionsequenzen überwiegend sehr ansprechend. Zudem ist der Film unerwartet humorvoll. So gibt es auf Seiten der Gangster ein Handlanger-Duo, das mit ihrer Schusseligkeit für ein paar Lacher sorgt. Auch der Antagonist ist, obwohl er eine tragische und brutale Figur ist, immer wieder auch witzig.
Insgesamt fühlt sich Jesse Haajas Langfilmdebüt wie ein Prolog zu einer noch ausstehenden Geschichte an, da hier zunächst ein neuer Superheld etabliert werden muss. Tatsächlich planen die Macher eine Trilogie, wie sie im Q&A auf dem Fantasy Filmfest 2017 verrieten. Dafür müsse der erste Teil natürlich einigermaßen gut laufen, aber die Vorbereitungen für den zweiten Teil seien schon im Gange. Es wäre schade, wenn es nie zu einer Fortsetzung käme, denn ein solcher Film ist aus Europa bisher einzigartig.
Rendel ist trotz einiger narrativer Schwächen gelungene Abendunterhaltung mit viel Action und Humor. Eine gute Alternative zu den zahllosen Comicverfilmungen des Marvel- oder DC-Universums.
Trailer zu Rendel
Infokasten
„Rendel“
Regie: Jesse Haaja
Drehbuch: Jesse Haaja, Pekka Lehtosaari, Miika J. Norvanto
Laufzeit: 105 Minuten
Produzent: Trevor Doyle, Jesse Haaja, Miika J. Norvanto
Verleih: Splendid Film
Finnland | 2017

André Vollmer
Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.