„Darkland“ - Rachethriller über Integration und kollidierende Welten
- geschrieben von André Vollmer
- Publiziert in Film
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Als sein Bruder ermordert wird, macht sich Zaid auf die Suche nach den Mördern. Auf dem Weg in die kriminelle Unterwelt gibt es für Zaid nur noch eines: Rache.
Rezension
Yasin hat mal wieder Scheiße gebaut, diesmal so richtig: Die gesamte Unterwelt der Stadt klebt an seinen Hacken. Atemlos klingelt er spät abends bei seinem Bruder Zaid (Dar Salim), der ihm zwar gefasst, aber doch am Ende seiner Geduld öffnet, und bittet ihn um 100.000 Dänische Kronen. Zaid aber hat sich längst aus dem Sumpf der organisierten Kriminalität herausgearbeitet, ist mittlerweile Chirurg und hat sich, ursprünglich aus dem Irak stammend, gut in die Gesellschaft Dänemarks integriert. Er schickt seinen Bruder weg, der ihn einmal zu oft um einen Gefallen gebeten hat. Am Tag darauf erfährt Zaid von einem Kollegen, dass Yasin in die Notfallambulanz eingeliefert wurde. Für Yasin kommt jede Hilfe zu spät. Zaid kann das nicht auf sich sitzen lassen, wendet sich an die Polizei und beginnt bald selbst Nachforschungen anzustellen, die ihn direkt in eine Unterwelt aus skrupellosen Gangstern, Schlägern und Drogendealern führt, die regelmäßig Jugendliche für dreckige Jobs einspannen.
Darkland beginnt im alltäglichen Milieu, schildert einerseits Zaids sehr dänische, beschauliche und gut situierte Welt, andererseits Yasins Leben als Handlanger von Kleinganoven mit irakischen Wurzeln. Der Film nimmt sich viel Zeit mit der Charakterisierung Zaids, der von seiner kriminellen Vergangenheit eingeholt wird. Nicht ausgespart werden die Trauer über seinen Verlust und, welche familiären Schuldzuweisungen dieser aufwirft, sowie das Integrationsproblem, vor dem Zaid bald von neuem steht. Gerade dort, wo der Film ein Blick auf Zaids Familie wirft, kollidieren zwei Weltbilder, aber auch später, wenn Zaid seinen kriminellen Landsleuten begegnet, geschieht dies. Weder will ihm die Polizei helfen, die sich offenbar nicht darum schert, wenn Kriminelle sich Leute aus den eigenen Reihen vornehmen, vor allem, wenn es Menschen mit fremdländischer Herkunft sind, noch akzeptieren ihn seine Landsleute, die nicht so erfolgreich sind wie er, als einen von ihnen. Sie nennen ihn abfällig einen “Weißen”.
Aus Zaids Nachforschungen entwickelt sich bald ein handfester Racheplot. Zaid will sich den Mörder seines Bruders vornehmen, selbst wenn es der örtliche Gangsterboss ist, und nimmt sein ehemaliges Kickbox-Training wieder auf. Stellenweise wird die Figur derart zu einem dunklen Rächer. An diesem Punkt hat der Film mitsamt dem Protagonisten bereits eine erstaunliche Entwicklung hingelegt, die sich wie eine lange, aber glaubhafte Reise anfühlt, vor allem weil sie immer wieder mit Alltagssituation geerdet werden: Zaids Frau kriegt bald spitz, dass sich ihr Mann etwas vor ihr verbirgt. Am Ende von Zaids Reise scheinen jedenfalls nur zwei Alternativen möglich: der Untergang oder die Erfüllung der Rache. Dabei ist zu keinem Zeitpunkt klar, wie diese Geschichte ausgehen wird und welche Opfer Zaid für seine Rache wird in Kauf nehmen müssen. Immerhin legt er sich mit gnadenlosen Verbrechern an und hat eine hochschwangere Frau daheim.
Darkland ist ein spannender Thriller, der vor allem von den Figuren getragen wird, wohldosierte Actionsequenzen bietet und die Integrationsprobleme Dänemarks aufgreift, um diese geschickt mit einer Rachegeschichte zu verweben.
Trailer Darkland
Infokasten
„Darkland“ (OT: „Underverden“)
Regie: Fenar Ahmad
Drehbuch: Fenar Ahmad, Adam August
Laufzeit: 112 Minuten
Produzent: Jacob Jarek
Verleih: Concorde Film
DK | 2017

André Vollmer
Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.