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André Vollmer

André Vollmer

André Vollmer

Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.

„Frankenstein“ von Bernard Rose

Die Menschheit ist das Monster. Bewegende Adaption von Mary Shellys Frankenstein-Roman

Das Monster des Dr. Frankenstein ist aus der Populärkultur nicht mehr wegzudenken. Zahllos oft wurde es in Film und Fernsehen, in Literatur und Comics verarbeitet, dass bald alle sich darunter etwas vorstellen können, selbst wenn sie den Roman, mit dem alles begonnen hat, nie in die Hand genommen haben: Mary Shellys Frankenstein or The Modern Prometheus, 1818 zunächst anonym veröffentlicht. Der von Menschenhand geschaffene Mann ist seitdem eine der immer wiederkehrenden Popikonen des Horrors geworden, Seite an Seite mit Dracula, dem Zombie, der Mumie und dem belebten Skelett. Vor diesem Hintergrund ist Bernard Roses Neuverfilmung des Erzählstoffs mit demselben schlichten, aber aussagekräftigen Titel ein gewagtes Unternehmen, das an der Konventionalität des Themas hätte scheitern können. Tatsächlich war eine Verfilmung aber selten so dicht am Original und zugleich so glaubhaft aktuell wie Roses Neuzugang zur Hybris des Menschen: seinesgleichen wie ein Gott zu erschaffen.

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„The Invitation“ von Karyn Kusama

Beklemmende Dinnerparty im Schatten vergangener Schrecken

Eins meiner Highlights des Fantasy Filmfestes 2015 ist – neben Shrew’s Nest, World of Kanako und Kill your Friends – eindeutig The Invitation von Karyn Kusama. Durch und durch beklemmend erzählt dieser Film das Zusammentreffen alter Freunde, die ein schicksalhaftes Ereignis vor zwei Jahren bis zu diesem Abend trennte. Jetzt wollen sie wieder zueinander finden, im Haus von Wills ehemaliger Frau Eden (Tammy Blanchard), ebendort, wo sich jene Katastrophe ereignete, welche die Liebe und Freundschaft der Figuren zerbrechen lassen sollte. Entsprechend zurückhaltend ist Will (Logan Marshall-Green), dem etwas an der Einladung seiner Exfrau und ihrem neuen Lebensgefährten David (Michiel Huisman) faul vorkommt. Das bestärkt sich nur durch Edens grimassenhafter, seltsam erzwungener Fröhlichkeit, die offenbar die Schrecklichkeit vergangener Ereignisse völlig negiert. Während die nicht mehr ganz jungen Gäste über ihr Leben in Los Angeles plaudern, kapselt sich Will von der Gesellschaft ab und inspiziert das Haus. Unstimmigkeiten, die er entdeckt, tragen nicht zu seiner Stimmung bei. Seine Panik droht zunehmend das Gelingen der Zusammenkunft zu verhindern und die Party trotz der schon gemeisterten Unwegsamkeiten zu sprengen.

  • Publiziert in Film

„Night Fare“ von Julien Seri

Höllentrip durch die Pariser Nacht

Eigentlich sollte es nur ein Besuch bei alten Freunden in Paris werden. Lange Zeit hatte Chris (Jonathan Howard) die Nächte der französischen Metropole unsicher gemacht, gemeinsam mit seinem Kumpel Luc (Jonathan Demurger). Der allerdings hat sich Chris‘ Verflossene Ludivine (Fanny Valette) geschnappt, nachdem jener das Land vor Jahren verlassen musste. Entsprechend angespannt ist die Stimmung, als Luc seinen Gast dazu überredet, wie in alten Tagen mit ihm auf Partytour zu gehen. Als Luc allerdings die Zeche nach einer Taxifahrt prellt, müssen die beiden schnell feststellen, dass sie dabei an den falschen Cab Driver geraten sind. Denn dieser Typ setzt den ungleichen Freunden mit gleißenden Scheinwerfern und Stahlmuskeln nach, die auch Gangster und korrupte Cops armselig dastehen lassen. Dieser Mann kennt die Pariser Straßen in- und auswendig, schneidet Luc und Chris die Wege ab, lässt sie durch Hinterhöfe jagen und über Mauern klettern, egal, wie lange es dauern wird: das Taxometer läuft weiter, bis die Rechnung beglichen wird. Das muss schließlich Ludivine am eigenen Leibe erfahren.

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„Kill your Friends“ von John Nivens und Owen Harris

Bitterböses Intrigenspiel im Music-Biz der 90er

Erfolg. Um jeden Preis Erfolg. Das ist, was einen Mann antreibt, insgeheim oder nicht. Es ist das, was Steven Stelfox (Nicholas Hoult) definiert: das Alphatier in einem britischen Plattenlabel der 90er Jahre zu werden. Der skrupellose Musikredakteur wittert seine Chance, als sein Chef abdankt und den begehrten Führungsposten unbesetzt zurücklässt. Doch das Ticket in die Chefetage entpuppt sich als Rückfahrschein. Der Boss des Labels favorisiert Stellfox‘ Manager-Kollegen, der mehr Erfahrung und mehr lukrative Plattendeals abgeschlossen hat als der 26-Jährige. Vor Intrigen und falschen Ratschlägen, die ahnungslose Rivalen vor den Chefs nackt dastehen lassen, scheut Stelfox nicht zurück. Und auch Mord stellt sich bald als gangbares Mittel heraus. Dummerweise nicht ohne Auswirkungen: Insgeheim oder nicht, Erfolg ist auch das, was eine Frau antreibt. Stelfox‘ Sekretärin, die was auf ihren Musikgeschmack hält, kriegt die Verwicklungen spitz und will das zu ihren Gunsten nutzen, um am besten gleich zur Managerin aufzusteigen.

  • Publiziert in Film

„Shrew’s Nest“ von Juanfer Andrés und Estaban Roel

Intensives Kammerspiel des Grauens mit bluttriefendem Finale

Zu Recht hat Shrew’s Nest den ersten Platz im Wettbewerb um den Publikumspreis des Fantasy Filmfestes gemacht, viel zu dicht gefolgt von dem überschätzten Crowd-Pleaser Turbo Kid. Denn das Regiedebüt von Juanfer Andrés und Estaban Roel ist ohne Frage ein Meisterwerk, das auf der engen Bühne einer Wohnung im Mehrfamilienhaus einen Horror-Thriller um Sadismus, Misshandlung und Wahnsinn entfacht. In jener Wohnung, die noch zum Schauplatz eines blutigen Kammerspiels werden soll, lebt gemeinsam mit ihrer viel jüngeren Schwester die verbitterte Montse (Macarena Gómez), die seit zwei Jahren keinen Schritt mehr vor die Tür gewagt hat. Die Außenwelt ängstigt sie, genauso wie Männer im Allgemeinen, die nichts als Unheil bringen – so wie ihr Vater, der sie nicht nur misshandelte.

  • Publiziert in Film
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"Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt"

aus Hermann Hesses

Im Nebel

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