Reboot-Blog #3: Never touch a running system?
- geschrieben von André Vollmer
- Publiziert in Redaktionsblog
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Der Reboot-Blog dreht sich um die kommende Umstellung der Website. Kommend? Im Grunde kann man uns schon jetzt live beim Bau eines Magazins zuschauen.
Never touch a running system, heißt es. Da ist Wahres dran. Kleinste Veränderungen können unvorhergesehene Auswirkungen haben. Das Sprichwort impliziert aber auch: Lass die Finger überhaupt von Veränderungen, solange es läuft! Solange es gut läuft? Oder solange es überhaupt läuft? Mellowdramatix jedenfalls liefe auch mit der Website, so wie sie heute ist. Eine neue bräuchte es nicht zwingend. Dennoch: Bevor wir uns so richtig in die Arbeit werfen, bauen wir für die Zukunft vor, daher der Reboot, inhaltlich wie strukturell. Wir wollen den nächsten Level. Er liegt vor uns, wir müssen uns nur danach ausstrecken, wie nach Kirschen an einem Kirschbaum. Im Grunde kann man uns derzeit live dabei zusehen, wie wir ein Online-Magazin aufbauen.
Man kann uns live beim Bau eines Webmagazins zuschauen
Wir bauen etwas, basteln, tüfteln, werkeln. Und wie Straßenarbeitern kann man uns im Vorübergehen des alltäglichen Surfens dabei zusehen. Dabei wäre doch anzumerken – wenn es eine Grundregel in der Webentwicklung gibt, dann diese – es wäre also anzumerken, dass man besser nicht in einem Live-System entwickelt. Never touch a running system. Vieles habe ich daher offline in einer Entwicklungsumgebung getestet. Mit Joomla als Content Management System, Akeeba als Backup-Erweiterung und Xampp für eine lokale Serverumgebung ist das kein Problem. Trotzdem wandern die Neuerungen nach den Offline-Tests direkt in die Live-Version von Mellowdramatix, das heißt: Es tut sich viel im Hintergrund, vor dem die jetzige Website wie ein Vorhang zugezogen ist. Aus dem Hinterstübchen dringt wie oft das eine oder andere nach vorn und macht sich bemerkbar: Wir bereiten uns auf die Umstellung am kommenden Freitag vor, drehen an Einstellschrauben und schieben Requisiten hinter den Vorhang, um ihnen den letzten Schliff zu verpassen.
Perfektion kann Stillstand bedeuten
Der Anspruch an die eigene Professionalität verlangt eigentlich, dass sich derartige Vorgänge im Verborgenen abspielen, damit man, sobald der Vorhang sich hebt, mit der vollen Präsenz auftreten kann. Mit den entsprechenden Ressourcen, einschließlich der Manpower, ist diese Perfektion sicher möglich. Aber wir machen es anders, müssen es als Zweimann-Team, von dem der eine im Großen und Ganzen das Reboot bewerkstelligt, während der andere für neue Inhalte sorgt. Es kann daher schnell der Wunsch nach der Perfektion sein, der einen den Teufel im Detail suchen lässt, damit ja alles glatt geht – bis, von außen betrachtet, ein Stillstand eingetreten zu sein scheint und sich schließlich bei einem selbst der Eindruck einstellt, es gehe nicht mehr voran. Wer jemals eine Abschlussarbeit geschrieben hat, kennt dieses Gefühl vielleicht. Weder will man sich angreifbar fühlen noch weniger als das Beste abliefern, also ackert man an den Formulierungen und Argumentationen herum, bis einem der Kopf raucht, dieses „Wenn ich A und B erledigt habe, dann aber wirklich, dann gebe ich die Arbeit ab!“ Und man findet doch wieder ein C und D, das einen aufhält. Mit einer Website ist es nicht anders. Selbst ein Roman erscheint stets unfertig, selbst wenn er seinen Schluss längst hat. Fertig ist er erst, wenn man die Tastatur von sich schiebt, und beschließt, dass er fertig ist.
Der Gegenentwurf zu diesem Perfektionsstreben ist der Versuch, das unter gegebenen Bedingungen Optimale zu erreichen, hierbei aber nicht stehen zu bleiben, sondern es nach und nach weiterzuentwickeln. Das geht natürlich bei einer Abschlussarbeit nicht und bei einem Roman erst recht nicht, bei einer Website aber schon. Sie ist per se niemals abgeschlossen und soll sich weiterentwickeln. Daher verbleibt die neue Website auch nicht hinter dem Vorhang, selbst wenn am kommenden Freitag noch längst nicht alle Artikel dieses Magazins vorbereitet sein werden, sondern tritt mit einer begrenzten Auswahl an Inhalten in die Öffentlichkeit des Internets, wo sie unmittelbar brauchbar wird, sowohl von unserer Leserschaft als auch von uns, die wir täglich damit umgehen. Nach und nach werden wir sodann die Artikel von der alten auf die neue Site transferieren und aktualisieren. Aber dass die neue Site überhaupt erst einmal da sein wird, das wird neue Kraft in die inhaltliche Weiterentwicklung bringen, die ebenfalls mit diesem Reboot einhergeht. Detaillierte Informationen zum Ablauf der Umstellung von Mellowdramatix auf die neue Website folgen im nächsten Blogeintrag, den ich morgen früh veröffentlichen werde.
Mögliche Irritationen durch Vorarbeiten
Aufgrund der anstehenden Umstellung kann es bereits jetzt zu ungewohnten Veränderungen kommen und Inhalte vorübergehend verschwinden. Zum Beispiel waren wir immer stolz darauf, eine Linkliste zu einschlägiger Forschungsliteratur im Netz zu pflegen und eigenhändig geschriebene Forschungsarbeiten anzubieten. Davon ist im Moment nicht viel zu sehen. Diese Inhalte liegen derzeit hinter dem Vorhang, wo sie überarbeitet werden.
Außerdem ist dem einen oder anderen aufgefallen, dass in den Artikellisten unschöne Leerflächen entstanden sind. Das Artikelbild nimmt mehr Fläche ein als der Antext des Artikels, wodurch ein unnötiger Rest an Freiraum bleibt. Vorübergehend lässt sich das nicht ändern, hat aber mit den Umstellungen zu tun und wird mit dem neuen Design hinfällig. Für dieses nämlich sind die neuen Texte schon optimiert, sodass wir später weniger Arbeit beim Transfer haben.
Hierher gehört auch die Tatsache, dass wir das Format der Artikelbilder für alle künftigen Texte sowie bereits für alle Texte aus 2017 geändert haben. Für ausgewählte Texte früherer Jahre bin ich gerade dabei, das neue Layout umzusetzen. Aus technischen Gründen werden wir, bevor wir Freitagnacht den Vorhang zur neuen Seite lüften, deutlich weniger Arbeit mit denjenigen Artikeln haben, die bereits das neue Bildformat und das neue Layout besitzen.
Never touch a running system?
Aus der Perspektive meiner schriftstellerischen Arbeit ist es wünschenswert, dass die Neugestaltung der Website möglichst nicht im Verborgenen abläuft. Das ist, nebenbei bemerkt, auch ein Beweggrund des Reboot-Blogs. Zum einen will man seine Leser auf dem Laufenden halten. Zum anderen soll der Weg, auf dem ein Magazin entsteht, selbst Teil des Magazins sein. Oder poetologisch ausgedrückt: Der Schaffensprozess soll Teil des Kunstwerks werden – als selbstreflexive Ebene, die dem Endergebnis eingewoben ist. Das ist die weitgehend noch unverwirklichte Idee hinter dem Metablog, von dem der Reboot-Blog lediglich eine Unterkategorie ist.
Never touch a running system? Gewiss ist das die sichere Methode. Manchmal allerdings braucht es einen anderen Weg, wenn nicht sogar das Gegenteil, braucht es eben die verändernde Berührung, um voranzukommen.
André Vollmer
Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.