Willkommen zum Tötungsspiel: „31“ von Rob Zombie
- geschrieben von Thomas Heuer
- Publiziert in Film
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Lasst das Spiel Beginnen! In 31 wird eine Gruppe glückloser Schausteller in die Hölle auf Erden geschickt.
In den späten Siebzigern irgendwo in den USA ist ein Bus voller gescheiterter Existenzen auf dem Weg zum nächsten Job. Ein buntgewürfelter Haufen Schausteller und Karnevalsarbeiter. Die selbstbewusste Prostituierte Charly (Sheri Moon Zombie) wirkt mit ihrem Leben zufrieden und macht das Beste aus der gegebenen Situation. Der Mechaniker Rosecoe (Jeff Daniel Phillips) genießt die Anwesenheit von attraktiven Frauen und macht sich in dem Tross mit seinen Fertigkeiten verdient. Panda (Lawrence Hilton-Jacobs) ist ein jamaikanischer Künstler, der das Leben versucht leicht zu sehen, so schwer es auch scheint. Puffmutter Venus Virgo (Meg Foster) unterrichtet die jungen Miezen im Tross und lässt diese an ihrem Wissen teilhaben. Keine der Personen im Bus weiß, dass ihre Reise ein jähes Ende finden wird.
Bereits vor dem Vorspann gibt der verstörende Doom-Head (Richard Brake) einige richtungsweisende Informationen. Er schildert in einem energischen Monolog, dass 31 ein Spiel ist. Inszeniert wird in dieser Szene nur minimal an der Kamera vorbei, sodass hierbei eine besondere Nähe entsteht. Doom-Head macht bei 31 mit, weil er dafür eine riesige Menge Geld bekommt. Anschließend wird ein flehender Priester gezeigt, der an einen Stuhl gebunden ist und um Erlösung bittet. Diese bringt bei 31 offenbar nur der Tod.
Dass der Regisseur eines Remakes mal den Geist des ursprünglichen Erschaffers aufgreift und realisiert, ist sehr ungewöhnlich. Rob Zombie gelingt dies. Dazu muss allerdings bekannt sein, dass John Carpenter, Regisseur von Halloween (1978) und Erschaffer von Kultkiller Michael Meyers, ursprünglich das Thema Halloween zum Inhalt der Fortsetzungen machen, jedoch nicht den ikonischen Killer als Bedrohung in diesen verwenden wollte. Dies beweist recht eindrucksvoll Halloween III – Season of the Witch (im deutschen: Halloween 3 – Nacht der Entscheidung) von Regisseur und Autor Tommy Lee Wallace.
„Halloween was actually intended to be an anthology series, with a different horror story for each film. After the first Halloween movie proved a huge success and Michael Myers became the next big thing in horror, the production team decided that they would do a continuation of his story with Halloween II, in which Myers was meant to have perished at the end. When Halloween III came out audiences hated Michael Myers being left out so, from that point on, Halloween became a series about Michael, beginning again with the aptly titled Halloween 4: The Return of Michael Myers.” (imdb.com)
Halloween III hat rein gar nichts mit Michael Meyers zu tun und ist zudem kein Slasher, sondern ein auf langfristige Spannung hin konzipierter Film über eine paranormale Bedrohung. Rob Zombie hat 2007 und 2009 zwei Remakes zu Halloween geschaffen. In Zombies Ausdeutung des Stoffes wird der Killer Michael Meyers sehr stark thematisiert und die Hintergründe zu seiner psychischen Störung in den Fokus der Erzählung genommen. Diesen Schritt mögen viele Rob Zombie nicht verziehen haben, er weicht definitiv von John Carpenters Überzeugung ab, dass Michael Meyers eine Manifestation des Bösen sei. Fast alle Fortsetzungen von Halloween haben versucht, den Killer weiter zu charakterisieren, was jedoch nicht gelingt (weder in Halloween 4-6, noch im alternativen Handlungsstrang von Halloween 2, 7 und 8). 31 spielt erneut an Halloween, dem 31. Oktober. Ein brutaler, wirklichkeitsnaher Horrortrip wartet auf die Protagonisten und die Zuschauenden. Somit hat Rob Zombie das Halloween-Motiv erneut aufgegriffen und bereitet eine neue Schreckenserzählung, mit einer anderen Bedrohung.
Nach einem unerwartet seicht ausfallenden Gewaltmoment zu Beginn, wechselt 31 den Schauplatz. Der Vorspann zeigt einen Filmstreifen, von dem immer zwei Negative am Rand und eines in der Mitte zu erkennen sind. In dieser Titelsequenz werden die Figuren und ihr Bus vorgestellt, dabei wirken diese auf eine eigentümliche Art wie eine Familie. In der Nacht von Halloween begegnen die Glücksritter einer Straßenblockade aus Halloween-Puppen. Als sich die Insassen des Busses daran machen, diese aus dem Weg zu räumen, werden sie von Fremden attackiert und entführt. Schnell wird klar: Wer hier stirbt, hat das bessere Los gezogen.
Wechsel des Schauplatzes. Von einer fröhlichen lebenslustigen Stimmung bricht der Film in ein Survival-Szenario. Die Überlebenden sind an Ketten gehängt und werden vom Zeremonienmeister Death-Head (Malcom McDowell) darüber informiert, dass Sie nun als Spieler an 31 teilnehmen werden. Die Regeln sind denkbar einfach: Überlebe für 12 Stunden.
Wo andere Filme die befreundeten Opfer in einen Todeskampf gegeneinander zwingt (z. B. Battle Royale, Kill Theory, SAW oder The Human Race), bringt Zombie von Beginn an eine externe Bedrohung ins Spiel. Die Figuren sind somit nicht angehalten, sich gegenseitig zu beseitigen, sondern werden von einem ausgebildeten Killer gejagt. 31 soll Krieg simulieren, daran lässt Death-Head keinen Zweifel. Durch die Inszenierung eines Tötungsspiels wird hier gekonnt ein Rückschluss zum einleitenden Monolog von Doom-Head geschaffen. Der Tod aller Spielenden ist unausweichlicher Bestandteil von 31. Gewonnen wird hier dennoch, denn die elitären Teilnehmer hinter den Kulissen wetten auf das Leben und Sterben der Spielenden. Damit dies auch möglichst erfolgreich vonstattengeht, werden die Wettquoten mit jeder Spieletappe angepasst.
Die Erzählung von 31 ist simpel. Das Szenario zielt auf den Überlebenswillen der Protagonisten ab und schafft dadurch ein düsteres Setting. Scheinbar machtlos hangeln die Figuren sich von einer Herausforderung zur nächsten. Besonders gelingt in dem Film der Einsatz von Musik, auf die in mehreren Passagen vollständig verzichtet wird, sodass die Musik stärker wirkt als in anderen Filmen. Obwohl der Film stark kritisiert wird, ist 31 ein gelungener Horrorfilm. Das Werk ist zweifellos brutal und bedeutend weniger subtil, als es noch Zombies vorheriger Film The Lords of Salem gewesen ist. Dennoch gelingt es, eine beklemmende Stimmung zu erzeugen. Survival-Horror ist in den letzten Jahren immer wieder zu sehen, etwa in der Neuverfilmung von Evil Dead, Blair Witch, Don’t Breath oder auch in It Follows.
31 ist anspruchsloser Horror, der mit einem interessanten Konzept und einigen fiesen Ideen zur Inszenierung des Schreckens punkten kann. Der kontrovers diskutierte Film ist in Deutschland ohne Zensurkürzungen erschienen. Gewalt, Sex und Schrecken – drei der Schlagworte für das Horrorgenre können 31 beschreiben, werden dem Werk insgesamt jedoch nur in Teilen gerecht. 31 ist ein weiterer Halloween-Schrecken mit Kultpotential, bei dem die Protagonisten selbst zu Monstern werden müssen, um zu überleben.
Trailer „31"
Infokasten
„31“
UK |USA / 102 Minuten (bei 24 Frames)
Regie: Rob Zombie
Produktion: Bow and Arrow Entertainment
Blu-ray und DVD von Tiberius Film
Im deutschen Handel ab 02.03.2017
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Thomas Heuer
Dr. phil. Medienwissenschaft
Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer
Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie
Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik