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„Love, Death & Robots“, Ausgabe 2 – Kurzweil ohne starke Geschichten

Szenenbild (Ausschnitt) Netflix Szenenbild (Ausschnitt)

Ausgabe 2 dieser Anthologie ist auf technisch höchstem Niveau, mit 8 animierten Kurzfilmen aber kürzer und weniger abwechslungsreich als Ausgabe 1 mit 18 Filmen.

Rezension

Auch in der zweiten Ausgabe der Netflix-Anthologie Love, Death & Robots tauchen die titelgebenden Themen Liebe, Tod und Roboter in vielen Variationen auf. In 7- bis 18-minütigen Animationsfilmen begegnet dem Publikum die Liebe unter anderem als die Geschwisterliebe zweier ungleicher Brüder, der eine technisch modifiziert, der andere nicht, sowie als die Suche eines interstellar Gejagten nach Liebe oder als die Mutterliebe einer Unsterblichen, die illegal eine Tochter hat. Der Tod ist ebenso allgegenwärtig — zum einen als spannungsvolle Bedrohung des Lebens durch Monster, Kopfgeldjäger, verrückt gewordene Maschinen oder mörderische Geburtenkontrolle. Zum anderen tritt der Tod auch philosophisch auf, als seine Überwindung in Form ewigen Lebens oder konkreter als riesiger Leichnam, den das Meer anspült und der daraufhin eine makabre Faszination bei den Schaulustigen hervorruft. An Robotern mangelt es ebenso wenig: Androiden als Alltagshilfen, Cyborgs unter künstlicher Haut, böswillige Reparaturmaschinen sowie die künstliche Intelligenz einer Service-Hotline, die eine Anruferin im Angesicht des Todes zur Verzweiflung bringt.

ldr2 1Love, Death & Robots ist in seiner zweiten Ausgabe trotz dieser Vielfalt an Motiven inhaltlich weniger abwechslungsreich geraten. Kein Wunder, ist die Anthologie doch mit acht Filmen erheblich kürzer ausgefallen als Ausgabe 1 mit 18 Filmen. Stilistisch hat Ausgabe 2 jedoch eine große Bandbreite. Von den acht Filmen ist diesmal nur einer im 2D-Comicstil, dafür ist das erste Mal ein Stop-Motion-Film dabei. Die übrigen Filme präsentieren das Geschehen in 3D-Animationen, zwei hiervon greifen dabei auf stilisierte Animationen zurück, vier auf fotorealistische, die derart lebensecht wirken, dass sich mir häufiger die Frage stellte, ob ich auf dem Bildschirm gerade Schauspieler sehe oder animierte Figuren. Die Illusion ist also atemberaubend, aber nicht perfekt. Gestik und Mimik verraten sie noch immer, aber stellenweise vergisst man, dass man einen Animationsfilm sieht. Bei dem Kurzfilm Life Hutch liegt das auch daran, dass eine Mischung aus Realfilm und Face-Capturing verwendet wird. In manchen Einstellungen ist das Gesicht des Schauspielers, hier Michael B. Jordan, also in die Animationen hineinmontiert, in anderen ist es animiert — ein genialer Trick, da das Gehirn aus dem Gesehenen ein homogenes Seherlebnis formt.

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Die Geschichten liefern unter anderem wieder Sci-Fi-Autoren wie John Scalzi, bekannt für den Roman Krieg der Klone (2005 erschienen; nominiert für Hugo Award), oder Joe R. Lansdale, auf Grundlage dessen Werke Filme wie Bubba Ho-Tep (2002) und Cold in July (2014) entstanden sind. Der bissige schwarze Humor mit stellenweise nihilistischen Zügen steht diesmal weniger im Vordergrund. Auch geht es weniger um das Andersartige, das sich gegen das Normale zu behaupten versucht. Mehrenteils sind es diesmal eher die Normalos, die auf das Andersartige stoßen. Ziemlich klassisch also. Der Fokus liegt zudem deutlich auf Überlebenskampf. Explizite Gewaltdarstellung gibt es nach wie vor, teils splattrig, wirkt aber eher zurückgenommen — ebenso wie die Darstellung von Nacktheit, die es jetzt kaum mehr gibt, in expliziter Form gar nicht mehr. Ein Grund hierfür könnte die Kritik an Ausgabe 1 gewesen sein: zu viel Gewalt, zu viel Nacktheit. Als Grenzüberschreitung und dramaturgisch gut eingesetzt können Nacktheit und Gewaltdarstellung den Schrecken jedoch verstärken und kathartisch wirken. Das wird in letzter Zeit seltener gesehen, stattdessen die vermeintliche Ausbeutung der Gezeigten hervorgehoben. Insgesamt fehlen der zweiten Ausgabe die starken Geschichten, an die man sich erinnert.

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Wem Ausgabe 2 zu kurz vorkommt, kann auf Abhilfe hoffen: Die dritte Ausgabe ist von Netflix für 2022 bestätigt worden. Da dies unmittelbar nach der Veröffentlichung der zweiten Ausgabe bekanntgegeben wurde, legt das den Gedanken nahe, dass die ursprüngliche Ausgabe 2 aus irgendwelchen Gründen in mehrere Häppchen aufgeteilt wurde.

Fazit: Eher kurzweilige Unterhaltung

Love, Death & Robots, Ausgabe 2 ist eine Anthologie aus acht animierten Kurzfilmen der Genres Phantastik, Horror und Science-Fiction. Die neue Ausgabe ist erheblich kürzer, inhaltlich weniger abwechslungsreich sowie weniger kontrovers als die vorherige. Technisch nach wie vor auf höchstem Niveau und stilistisch vielseitig mangelt es diesmal nur an Geschichten, die einen Nachhall erzeugen. So verbleibt die Anthologie unterhaltsam und kurzweilig.

 

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Trailer zu Love, Death & Robots

 

Infokasten

„Love, Death & Robots“, Ausgabe 2 (stilisiert: LOVE, DEATH + ROBOTS)

Schöpfer: Tim Miller

Regie: Jennifer Yuh Nelson, Tim Miller u. a.

Drehbuch: Tim Miller, John Scalzi, Joe R. Landale, Alastair Reynolds u.a.

Laufzeit: zwischen 7-18 Minuten / 2 Staffeln (18 und 8 Folgen)

Produzent: Blur Studio, Netflix Studios, Netflix

Verleih: Netflix

USA | 2021

Veröffentlichung 14.05.2021 (Streaming)

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Letzte Änderung amMittwoch, 07 Juli 2021 14:47
André Vollmer

Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.

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