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„Hanna Svensson: Blutsbande“ – Vertraue niemandem

Filmausschnitt edel: motion Filmausschnitt

Abgesehen von dem schlecht gewählten deutschen Titel macht diese Serie fast alles richtig. Eine gelungene schwedisch-norwegisch-deutsche Crimethriller-Coproduktion.

Rezension

HSB1Hanna Svensson (Marie Richardson) ist Polizistin und für sie steht das Gesetz über allem. Das geht soweit, dass sie ihren Sohn Christian (Adam Pålsson) verhaftet, als dieser auf einer Party Drogen verkauft. Dafür muss Christian zwei Jahre ins Gefängnis. Auch für Hanna hat diese Aktion Konsequenzen, ihre Ehe zerbricht, sie wird aus der Abteilung für organisiertes Verbrechen versetzt und muss nun im Sektor Wirtschaftskriminalität ermitteln. Das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn ist zerrüttet. Aufgrund dieser Konstellation besitzt Hanna Svensson: Blutsbande eine besondere Dynamik. Denn als Sven (Johan Hedenberg), der Liebhaber von Hanna, entführt wird, der selbst in der Abteilung für organisiertes Verbrechen ermittelt, droht die Identität eines Informanten aufzufliegen. Hanna übernimmt den Fall gemeinsam mit ihrem Kollegen Björn (Magnus Krepper). Die Informantin mit Namen Inez weiß nichts über die Entführung ihres eigentlichen Kontaktes und so springt Hanna für Sven ein. Was niemand zu diesem Zeitpunkt ahnt: Inez ist Christian.

So unsympathisch, kalt und distanziert Hanna zu Beginn der Serie wirkt, angesichts des Umgangs mit ihrem Sohn, so sehr gelingt es im Verlauf der Serie immer wieder aufgrund dieser Konstellation eine glaubwürdige dramaturgische Konfliktsituation zu schaffen. Zusätzlich genährt wird diese durch die Tatsache, dass es auch in der Abteilung für organisiertes Verbrechen einen Maulwurf gibt, der an die Kriminellen Informationen übermittelt. Die Geschichte handelt von einem Bandenkrieg und einer kroatischen Familie, die nach einem Massaker in Krajina nach Schweden geflüchtet ist. Hier führt diese ein mustergültiges Leben. Ohne jemals von der Polizei bemerkt zu werden, leitet die Familie jedoch ein mafiöses Syndikat, das große Pläne für die Zukunft hat.

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HSB3Durch die verschachtelte Narration und die unterschiedlichen Erzählperspektiven um Hanna und Christian entwickelt Hanna Svensson: Blutsbande eine Dynamik, die an Infernal Affairs beziehungsweise dessen Remake Departed erinnert. Durch die anders gelagerte Figurenkonstellation und den Umstand, dass der Maulwurf bei der Polizei in der ersten Staffel als eine permanente Bedrohung, jedoch nicht als aktiver Akteur inszeniert wird, ist der Spannungsverlauf in dieser Serie jedoch deutlich anders gelagert. Während die ersten beiden Episoden noch die Bühne für ein späteres Spektakel der Schrecken – gemessen daran, was Menschen anderen Menschen antun – erschaffen und daher etwas behäbiger anmuten als die restlichen Episoden, ist es besonders der finale Twist am Ende der neunten Folge, der die Spannung maximiert. In diesem Fall gelingt es einen derart gelungenen Twist zu inszenieren, dass dieser die Lesbarkeit der gesamten Serie verändert. Im ersten Moment wirkt dieser etwas aufgesetzt, doch betrachtet man die Serie aufmerksam, dann ist dies zwar überraschend, aber vollkommen logisch aus dem Vermittelten heraus entstanden.

HSB4Im Original trägt die Serie den Titel Innan vi dör, international lautet dieser Before we Die, was dem schwedischen Titel entspricht. Warum die Serie in Deutschland statt Bevor wir sterben oder Vor dem Tod einen Titel erhalten hat, der an eine Rosamunde-Pilcher-Schnulze erinnert, bleibt ein Rätsel. Denn damit hat diese Serie, die auch vor expliziter Gewaltdarstellung, sexueller Gewalt und Folterszenen nicht zurückschreckt, absolut nichts zu tun. Das ZDF ist als deutscher Produktionspartner involviert und hat die Serie bereits ausgestrahlt. Nun erscheint die Serie für das Heimkino und ist in gewohnter Qualität von Edel: Motion aufbereitet worden. Die Bild- und Tonqualität der Blu-ray ist tadellos, auf zwei Discs sind je fünf Episoden untergebracht.

Hanna Svensson: Blutsbande ist eine spannende, wendungsreiche, charaktergetriebene und überraschend düstere Thriller-Serie. Wem figurenzentrische Erzählungen liegen, die auf mehreren Ebenen Spannung erzeugen und abschließend ein Gesamtbild zeichnen, das zuvor nicht in voller Komplexität erkennbar war, dem sei diese Serie empfohlen. Wer hier einen typischen ZDF-Krimi erwartet, könnte enttäuscht werden, eventuell sogar abgeschreckt.

Trailer zu Hanna Svensson: Blutsbande

Infokasten

„Hanna Svensson: Blutsbande“ (OT: „Innan vi dör“; INT: „Before we Die”)

Schöpfer: Niklas Rockström und Wilhelm Behrman

Regie: Simon Kaijser (4 Episoden), Kristian Petri (4 Episoden), Kristina Humle (2 Episoden) und Jonas Westbom (2 Epsioden)

Laufzeit: 10 Episoden a 58 Minuten

Produzent: B-Reel Films, Sveriges Television (SVT), Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF), et. al.

Verleih: Edel: Motion

Schweden | Norwegen | Deutschland | 2017

Veröffentlichung: Ab dem 22.03.2019 im Handel auf Blu-ray-Disc und DVD. Parallel dazu erscheinen ab dem 24.02.2019 alle zwei Wochen je zwei Episoden als Video-on-Demand.

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Letzte Änderung amDonnerstag, 07 November 2019 21:25
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

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