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Fantasy Filmfest 2011, Tag 9

Festivalplakat (Ausschnitt) Rosebud Entertainment Festivalplakat (Ausschnitt)

Sci-Fi-Spaß mit Nick Frost und extremes Kino aus Downunder:

Attack the Block und The Woman

Außerdem: The Lost Bladesman, I am You und Good Neighbors.

Das Ende eines wunderbaren Fantasy Filmfestes liegt hinter uns. Die Closing Night hatte mit Attack the Block eine wunderbare Science-Fiction-Komödie. Mit The Woman wurde zuvor ein Ausflug ins extreme Kino begangen. Diese beiden Filme betrachten wir heute genauer. Zusätzlich auf dem Programm standen The Lost Bladesman, I am You und Good Neighbors.

Mit The Lost Bladesman wurde der Focus Asia abgeschlossen. Ein solider Action-Film, angesiedelt im mittelalterlichen China. Vor dem Hintergrund eines Landes, das im Dauerzustand Krieg gefangen ist, wird die Geschichte von Guan Yu (Donnie Yen) erzählt. Großartig inszenierte Kämpfe und gute Kameraarbeit, allerdings ein etwas einfallsloses Sounddesign – für Fans.

I am You erzählt eine Geschichte um ein Mädchen, das verschwindet. Aus mehreren Handlungsperspektiven erfährt der Zuschauer einiges über die Verzweiflung und Motivation der Charaktere. Aus eindrucksvollen Bildern, einem minimalistischen Soundtrack und großartigen Schauspielern, die in einer spannenden Story verpackt sind, entsteht ein packender und emotionaler Film, der sehr empfehlenswert ist.

Will man wirklich in Kanada wohnen? Nachdem man Good Neighbors gesehen hat, denkt man darüber vermutlich mehrfach nach. Allerdings könnte alles, was in diesem Psycho-Thriller geschieht, auch bei uns in Deutschland oder irgendwo anders passieren. Über die Handlung möchte ich nichts verraten, nur dass der Film sich mit dem Schicksal und dem Zusammenhang von drei Bewohnern eines Hauses abspielt und die Szenerie von einem Serienmörder überschattet wird. Good Neighbors ist ein gelungenes Werk, das leider in den letzten paar Minuten die Spannung etwas reduziert.

The Woman (Kurzrezension)

Die Handlung ist schnell erklärt: Ein Anwalt fängt beim Jagen im Wald eine wildlebende Frau ein und will diese gemeinsam mit seiner Familie wieder zivilisieren. So ein Satz reicht um die Motivationen und Handlungsmotive in diesem Film darzulegen. Natürlich könnte man hier noch weiter in die Tiefe gehen, allerdings würde man damit The Woman um eine Stärke und manchen Zuschauer um einige Überraschungen bringen. Daher soll das an dieser Stelle soweit ausreichen.

Am letzten Tag des Festivals haben wir den zweiten wirklich extremen Film – nach Cold Fish – hier in der genaueren Betrachtung. Das Tolle am extremen Film ist, dass sich kaum etwas wiederholt und man kaum einen mit dem anderen vergleichen kann, ohne dabei schnell die Grenzen dieses Vorhabens zu erkennen. Gleiches gilt auch für Cold Fish und The Woman. Das ist ein Faktor, der dazu beiträgt, warum ein weiterer extremer Film als überaus beachtenswert gilt. Zudem haben wir das Genre Rape-Revenge noch nicht abgedeckt, und da dieses Genre, welches irgendwo zwischen Horror und extremem Film angesiedelt ist, einige beachtenswerte Filme hervorgebracht hat, soll es hier ebenfalls vertreten sein. The Woman reißt den Inhalt von Rape-Revenge jedoch nur kurz an und kann als überraschend in dem Film empfunden werden. Geschickt springt der Film von einem extremen Thema zum nächsten, verdichtet auf das Ende des Filmes, wenn die Handlung unvorhergesehen wird und mit einigen Gesetzen bricht, um andere zu erfüllen.

Die Welt der Familie, welche die wilde Frau zähmen möchte, wirkt perfekt, bekommt jedoch mit beinahe jeder verstrichenen Minute innerhalb des Filmes mehr den Anschein einer Fassade, die rissig und brüchig wird. Gewalt ist in The Woman allgegenwärtig, sei es in Form von Züchtigung, Rache oder Aggression, dieser Linie bleibt der Film bis zum Ende treu. Mal blutig, mal durch psychische Gewalt und dem gesamten Spektrum dazwischen, verdeutlicht The Woman, wie schnell ein Leben enden kann, und vermittelt die Botschaft, dass man sein Leben nutzen sollte.

Ein großartiger Film des extremen Kinos, der sich durch die Augen ins Gehirn bohrt und dort für einige Zeit verweilt. Alles, was augenscheinlich in The Woman ist, sollte hinterfragt werden, man sollte den Film jedoch ohne Vorurteile und zu viel Wissen über dessen Inhalt betrachten. Absolut empfehlenswert, vor allem für alle, die sich schon immer für extremes Kino interessierten, aber nie den Mut hatten, sich mit Filmen wie Funny Games, Irreversible oder I Spit on Your Grave zu konfrontieren, da The Woman im Vergleich zu diesen wahrhaft gemäßigt vorgeht.

Attack the Block (Kurzrezension)

Es ist es bereits spät und der Abend dunkel, als die junge Sam von einer Jugendbande aufgelauert wird. Gerade als es heißt „Handy raus und Brieftasche her“, rauscht ein Feuerball aus dem Himmel mitten in eine nebenstehende Karre. Bäm! Sam nutzt die Chance und nimmt Reißaus. Doch die Jungs inspizieren erstmal das Auto und räumen ordentlich mit dem Ding auf, das als Passagier der Spacekugel mitgekommen ist. Als kurz darauf allerdings ein paar mehr Kugeln in South London einschlagen, zeigt sich, dass die Aliens etwas verärgert sind über die Jungs aus dem Block. Da die Kiddies kein Vertrauen zu den Cops haben, nehmen sie die Verteidigung ihrer Hood selbst in die Hand. Nur leider sind die neuen Ankömmlinge diesmal etwas größer und aggressiver als das erste Exemplar.

Das Motto dieser Sci-Fi-Action-Komödie passt gut: „Inner city vs outer space“. Attack the Block zeigt dabei keine glatten Charaktere, sondern glaubhafte Kidz aus den dunkleren Ecken Londons. Auf ihre Art wissen sie aber den Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen, auch wenn sie zunächst nichts Besseres zu tun haben, als Passanten abzuziehen und Aliens totzuprügeln. Die gleichgültige Zügellosigkeit der Jungs zeigt aber schnell ihre Konsequenzen und bedingt die besondere Pointe – ein ziemlich gelungenes Ende für einen Film, der mal mit Figuren aufzuwarten weiß, die sonst immer nur in ganz anderen Kontexten auftauchen.

Ich kann nur empfehlen, den Film im O-Ton zu sehen, da der typisch britische Klang des Englischen kombiniert mit Straßen-Slang ein besonders Highlight ausmacht. Wer das nicht verpassen will, sollte auf die weichgespülte deutsche Synchronisation verzichten, die nur ein ganz schwacher Abglanz vom Original ist. Trotz Slang ist das Englisch auch gut zu verstehen, da Regisseur und Drehbuchautor Joe Cornish Wert auf Verständlichkeit gelegt hat und viele Slang-Vokabeln sich daher bewusst wiederholen – wie der Mann selbst im anschließenden Q&A auf dem Fantasy Filmfest 2011 erklärt hat.

Ach ja: Und besonders hörenswert ist der beatlastige Filmsoundtrack, der gespickt ist mit mysterymäßigen Klängen, die sofort an Alieninvasion erinnern. 

Letzte Änderung amDienstag, 21 September 2021 16:04
André Vollmer

Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.

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