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„The Valley – Tal der Wächter“ von Jonathan Stroud

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The Valley – Tal der Wächter ist eine Abenteuergeschichte, die einen immer mehr in ihren Bann zieht. Jonathan Stroud überzeugt auch in diesem Werk.

Dass Jonathan Stroud gute Geschichten zu erzählen vermag, ist uns vielleicht schon durch die Bücherreihe Bartimäus bekannt. Dort hatten wir es mit einem stets nörgelnenden Dämon zu tun, der es seinem Meister nicht immer leicht machte. In The Valley – Tal der Wächter dagegen nimmt Stroud uns mit auf die Selbstfindungsreise von Hal, einem aufmüpfigen Jungen, der nichts als Flausen im Kopf hat. Auch wenn wir hier wieder einen heranwachsenden Jungen begleiten, so ist das Setting doch grundlegend anders. Keine aufregende Großstadt wie in Bartimäus, sondern ein weitestgehend von anderen Zivilisationen abgeschnittenes Dorf irgendwo im Nirgendwo.

Ausgangssituation für den Beginn der Handlung rund um den Jungen Hal ist das Leben der Talbewohner in lebendig gehaltener Erinnerung an ihre tapferen Ahnen. Diese haben sich vor langer Zeit in dem Tal als neue Siedler niedergelassen. Dabei sehen sie sich mit unheimlichen Wesen konfrontiert, die des Nachts aus der Erde kriechen und nach Menschenfleisch gieren. Lange Zeit ist es ein leidliches Miteinander, bis sich einer der Ahnen – Sven – dazu entschließt, dem ein Ende zu bereiten. Er ruft die anderen Oberhäupter der Familien zusammen, um mit ihnen gemeinsam gegen die Kreaturen, genannt Trolde, zu kämpfen und sie endgültig zu vertreiben. Dies gelingt ihnen auch, unter Verlust ihres eigenen Lebens. Doch ihre Hügelgräber wachen noch immer über das Tal.

Mit den Heldengeschichten von Sven und seinen Gefährten wächst nun Hal auf, ein Nachkomme des Sven, der gerne so tapfer wie sein Urahne wäre. Aber auf dem Hof seines Vaters gibt es wenig Heldenhaftes zu vollbringen und so läuft er ständig voller Unmut durch die Gegend. Mit der Aussicht, einmal Bauer zu werden, kann er sich nicht anfreunden. Nur Aud, ein Mädchen aus einer anderen Familie aus den tieferen Tälern, kann ihn aus seiner Trübseligkeit herausholen. Sie sieht mehr in ihm als nur den Nachkommen eines berühmten Helden, der den Ansprüchen seiner Familie und auch seinen eigenen nicht gerecht wird. Auds Ungezwungenheit und Frohsinn reißen Hal aus seiner Tagträumerei und bringen eine Wende in sein Leben.

Zwischen den Geschichten, die sich um Hal drehen, wird immer wieder in Rückblenden erzählt, was Sven alles so vollbracht zu haben scheint. Dabei wendet sich das Bild zusehends von einem, von allen bewunderten Helden hin zu einem brutalen, herrschsüchtigen und egoistischen Mann. Auch Hal wird im Laufe seiner Reise durch die Täler bewusst, dass jeder die bekannten Heldengeschichten auf seine eigenen Vorfahren projiziert und ebendiese diejenigen Held waren, die unter anderem die Trolde vertrieben. Enttäuscht darüber, dass all die Geschichten nur Lügen sind, glaubt Hal auch nicht mehr an die Trolde. So hat er auch keine Einwände mehr dagegen, als Aud mit ihm den Pfad suchen will, über den einst die Siedler ins Tal kamen.

Doch je weiter sie sich wagen, einander anstachelnd, die beschützenden Grenzsteine immer weiter hinter sich zu lassen, desto mehr Zweifel kommen auf. Immer wieder scheint mehr im Dunkeln der Wälder zu lauern als nur der Wind und das Rascheln der Blätter. Ihre Angst wird stärker und in einer unheimlichen Begegung wird ihnen klar, dass die Wahrheit nicht nur fürchterlich sein kann, sondern sie an die Grenzen ihres Verstandes bringen wird.

The Valley – Tal der Wächter ist eine Abenteuergeschichte, die einen immer mehr in ihren Bann zieht, weil man ahnt, dass etwas hinter den Grenzsteinen lauert, nur weiß man noch nicht was. Man begleitet Hal, der erst wie ein Anti-Held wirkt, und den man am Anfang erst nicht ausstehen mag, wie er so in seinen Tagträumen lebt, mit den Heldengeschichten seines Ahnen im Mittelpunkt und sonst nur Flausen im Kopf. Im Laufe der Geschichte wächst er aber immer mehr aus den Heldengeschichten heraus und findet ein neues Weltbild und ein eigenes Selbstbild, mit dem er im Reinen steht.

The Valley – Tal der Wächter ist eine gelungene coming-of-age-Geschichte, die einen mit seinen teils traurigen, teils spannenden Momenten durchaus zu unterhalten weiß.

Letzte Änderung amSamstag, 08 Juni 2019 21:39
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